Plastik – nein danke!
Sechs Tipps gegen Plastik im Alltag
4 minuten
25 April 2016
Titelbild: Brian Yurasits/Unsplash
Kunststoffe schädigen die Umwelt, trotzdem halten wie Produkte daraus für unverzichtbar
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25 April 2016
Wer die Grenzen von Ruanda passieren möchte, muss sich auf besondere Gepäckkontrollen gefasst machen: Es dürfen keine Plastiktüten eingeführt werden. Die ruandische Regierung hat sie schon 2006 verboten, auch in Bangladesch, Bhutan und San Francisco sind sie nicht erlaubt. In Deutschland ist man von einem Verbot weit entfernt. Der 1. April als Termin für die Einführung einer Gebühr für Plastiktüten konnte nicht eingehalten werden. Die selbstverpflichtende Regelung, die sich der Handel auferlegt hat, berücksichtigt zudem nicht die dünnwandigen Obst- und Gemüsebeutel. Und so gehen die Deutschen recht gedankenlos mit Plastiktüten um: 71 Stück verbraucht jeder Konsument im Schnitt pro Jahr, insgesamt sind es mehr als sechs Milliarden jährlich.
Allerdings: Da in Deutschland fast der gesamte Plastikmüll – also auch die Tüten – recycelt oder mit dem Restmüll verbrannt wird, gelangt nur relativ wenig Kunststoff in die Umwelt. Die größten Sünder hier sind laut einer in der Zeitschrift „Science“ veröffentlichten Studie Schwellenländer wie China, Indonesien und Vietnam. Weltweit sind die Folgen der Plastikproduktion vor allem für die Ozeane erheblich.
Rund sechs bis zehn Prozent aller Kunststoffe landen laut Umweltbundesamt in den Weltmeeren. Eine der Folgen: Das sich zersetzende Plastik wird von großen wie kleinen Meerestieren und Vögeln mit Nahrung verwechselt, abertausende Tiere verenden daran qualvoll. Auch für den Menschen können giftige Stoffe im Plastik gefährlich werden, zum Beispiel das in Weichmachern von Kunststoff enthaltene Bisphenol A. Es wirkt ähnlich wie das weibliche Hormon Östrogen und führt unter anderem bei Männern zu einer Verminderung der Spermienqualität. In Frankreich ist der Stoff in Lebensmittelverpackungen deshalb bereits verboten. Es gibt also viele Gründe, den eigenen Verbrauch von Plastiktüten und –produkten zu reduzieren. Nur: Wie geht das? Ein paar praktische Tipps für den Alltag.
Lebensmittel
„Wer weniger Plastik verbrauchen will, muss auf nichts verzichten“, sagt Anneliese Bunk, Designerin und Co-Autorin des Buchs „Besser leben ohne Plastik“. Viele Produkte wie Joghurt, Milch und Ketchup könne man zum Beispiel im Glas statt in einer Kunststoffverpackung kaufen. Bei Wasser ist nicht die Glasflasche die beste Lösung, sondern das Umsteigen auf Leitungswasser. Brötchen und Gemüse kann man in dünnen Baumwollbeuteln transportieren, für Käse und Wurst wiederum ist die eigene Edelstahldose ideal. Bunk empfiehlt das besonders, weil „vor allem fetthaltige Produkte stark mit im Plastik enthaltenen Weichmachern reagieren“. Die Dosen dürfen jedoch nicht über die Theke gereicht werden, sonst werden die Hygienevorschriften verletzt. Die meisten Verkäufer würden auf die eigenen, mitgebrachten Behältnisse sehr positiv reagieren, so Bunk. Am einfachsten fällt der Verzicht, wenn man auf dem Markt einkauft – oder in Läden, die generell keine verpackten Produkte im Sortiment haben. Sogenannte Unverpackt-Geschäfte gibt es schon in ganz Deutschland.
Küche
„Wichtig ist, dass man jetzt nicht sämtliches Plastik wegwirft“, so Anneliese Bunk zur Umstellung. Das verursache jede Menge Müll. Wer beim Einkauf künftig aber auf Plastik verzichtet, reduziert damit auch seinen Hausmüll. Und zwar so weit, dass der Restmüll laut Bunk in leere Mehl- oder Zuckertüten passe. Als Ersatz für Frischhaltefolie eignet sich mit Bienenwachs getränkter Stoff, der mehrfach verwendbar ist. Man erhält ihn unter den Namen „BeesWrap“ oder „Abeego flats“. Und grundsätzlich gilt: Wird Plastik warm oder erhitzt, etwa in der Mikrowelle, können enthaltene Schadstoffe freigesetzt werden. Auch das sollte man vermeiden.
Waschen, Putzen, Spülen
Waschmittel, Putzmittel, Fleckenentferner, Spülmittel – es scheint unmöglich, für all diese Produkte in Plastikflaschen einen Ersatz zu finden. Und doch sind unsere Großeltern ohne all diese Dinge ausgekommen. Sie benutzten hauptsächlich ein Produkt: Kernseife. „Daraus lassen sich in weniger als zehn Minuten Waschmittel, Waschsoda und Duftöl herstellen“, sagt Bunk. Putzmittel erhält man, wenn man ein halbes Stück Kernseife ein bis zwei Stunden in einen Liter Wasser legt. In eine gebrauchte Sprühflasche gefüllt, reinigt man mit dieser Lauge wie gewohnt Fenster und glatte Oberflächen. Aus Zitronensaft, Apfelessig, Salz und Wasser lässt sich wiederum Geschirrreiniger herstellen. Weitere altbewährte Rezepte für Fleckenentferner, Badreiniger, Fruchtfliegenfallen, Mückenschutz und Pflanzendünger sind auf den unten aufgelisteten Internetseiten zu finden.
Bad und Körperhygiene
Für fast jedes Kosmetikprodukt gibt es eine Alternative ohne Kunststoffverpackung. Als Shampoo-Ersatz eignen sich Haarseife oder ein Shampoostein. Zahnpasta lässt sich unter anderem mit Natron und Minze selbst herstellen, manche Firmen bieten verpackungsfreie, feste Deos an. Wer nicht auf Peelings verzichten möchte, für den ist Kaffeesatz eine echte Alternative. Ein wahres Wundermittel ist Kokosöl. In Verbindung mit Toilettenpapier oder Taschentüchern ersetzt es Babyfeuchttücher und Make-up-Entferner. Es wirkt antibakteriell, pflegt die Haut und ist deshalb gut als Handcreme geeignet. „Außerdem hilft Kokosöl bei Sonnenbrand, Herpes, wundem Babypopo und sprödem Haar“, sagt Buchautorin Bunk.
Wohnen
Sofabezüge aus Kunstleder und Mikrofasern sind pflegeleicht und günstig. „Allerdings holt man sich damit Kunststoffe mit all seinen schädlichen Inhaltsstoffen ins Haus“, sagt Bunk. Sie empfiehlt, bei Bezügen auf Baumwolle oder Wolle zu setzen. Auch auf Möbeln aus Spanplatten sollte man besser verzichten: Sie enthalten giftigen Kleber auf Kunststoffbasis und Weichmacher, Massivholz ist hier die Alternative. Wandfarben, Putz und Lacke enthalten oft Kunststoffe. Hier empfiehlt es sich, auf das Zeichen „Blauer Engel“ zu achten. Noch ein Tipp: Regelmäßig Lüften hilft, die mit Schadstoffen aus Möbeln belastete Luft in der Wohnung auszutauschen.
Kleidung
Auch bei der Kleidung gibt es gute Gründe, auf Kunststoffe zu verzichten. Ein Fleecepullover etwa verliert bei jedem Waschgang rund 2000 Fasern, die im Abwasser landen. Polyester wiederum enthält bedenkliche Zusatzstoffe, die zu Hautirritationen führen können. Und das in Outdoorkleidung enthaltene PFC verursacht Umweltprobleme in den Herstellerländern. Und nicht nur dort. Manfred Santen, Chemiker von Greenpeace, sagt: „Die Outdoor-Branche wirbt zwar nach wie vor mit unberührter Natur, aber ihre Kleidung enthält Schadstoffe, die sich inzwischen rund um den Globus nachweisen lassen.“
Produkte aus Naturfasern sind allerdings nicht unbedingt besser für die Umwelt. Bei der Herstellung eines Baumwoll-T-Shirts werden 7000 Liter Wasser verbraucht und jede Menge Pestizide eingesetzt. Wer die Umwelt schonen will, sollte also auf Kleidung aus Biobaumwolle achten. Zudem gilt generell: weniger, aber dafür qualitativ hochwertige Kleidung kaufen. Leder ist aus vielen Gründen keine Alternative. Ein großer Teil des Leders für den europäischen Markt wird unter menschenunwürdigen Bedingungen und dem Einsatz großer Mengen giftiger Chemikalien in Bangladesch hergestellt.