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Catharina Gerber, Karina Nasaeva
Nachhaltiger Weihnachtsbaum
Wie grün sind Deine Blätter?
Lesezeit:
4 minuten
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16 November 2018
Titelbild: Annie Spratt/Unsplash
Ob bio, gemietet oder selbstgebaut – es gibt viele nachhaltige Alternativen zum konventionellen Weihnachtsbaum
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16 November 2018
Jedes Jahr erfreut sich fast jeder zweite Haushalt in Deutschland an einem Weihnachtsbaum – doch dieser wird meist unter umweltschädlichen Umständen angebaut. Wir zeigen euch Alternativen zur konventionellen Nordmanntanne und wie Ihr Euer Weihnachtsfest noch etwas grüner gestalten könnt
Die Weihnachtszeit ist bekanntlich die Zeit der Nächstenliebe und Besinnlichkeit. Warum sollten wir also über Plätzchen und Geschenke nur an unsere Nächsten denken und nicht auch an die Umwelt? Anfangen sollte man damit im eigenen Wohnzimmer – mit der Wahl des Weihnachtsbaums. Jährlich werden nämlich rund 25 bis 30 Millionen Tannen in Deutschland verkauft, wovon laut Nabu 90 Prozent aus Deutschland kommen.
Auch wenn das erstmal gut klingt, ist Baum nicht gleich Baum. Viele der konventionellen Weihnachtsbäume wachsen auf eigens dafür angelegten Plantagen. Die Monokulturen haben meist keinen Nutzen für das umliegende Ökosystem. Andere wiederum werden auf Flächen angelegt, die wertvoll für Natur und Artenschutz sind und verdrängen damit wichtige Pflanzen und Tiere. Hinzu kommen oft weite, umweltbelastende Transportwege.
Um die Bäume nach den Wünschen der Käufer zu züchten, werden Insektizide gegen Rüsselkäfer und Läuse, Herbizide gegen konkurrierende Pflanzen und Mineraldünger für einen gleichmäßigen Wuchs und die intensive, grüne Färbung der Nadeln eingesetzt. Das ist nicht nur schädlich für Boden und Gewässer – ein mit Chemikalien behandelter Baum kann auch gesundheitsschädlich für die Menschen werden, die ihn in ihr Wohnzimmer stellen.
Den richtigen Weihnachtsbaum zu finden bedeutet außerdem, sich für eine Baumsorte zu entscheiden. Laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald ist die beliebteste Sorte – mit 75 Prozent – die Nordmanntanne. Dass diese aber in Georgien beheimatet ist, wissen nur wenige. Georgische Zapfenpflücker klettern teilweise ohne Schutzkleidung auf bis zu 50 Meter Höhe, um die dort wachsenden Zapfen mit der Hand einzusammeln – und bekommen dafür nur ein spärliches Gehalt.
Möchte man absolut nicht auf eine Nordmanntanne verzichten, sollte man unbedingt darauf achten, dass sie das Siegel „Fair Trees“ trägt. Das Unternehmen dahinter setzt sich für faire Bezahlung und die Sicherheit der Pflücker in Georgien ein und unterstützt unterschiedliche Bildungsprojekte vor Ort. Der Nabu empfiehlt dennoch eine der heimischen Baumarten zu wählen: Fichten, Kiefern oder Tannen, die auf sogenannten Sonderflächen unter Strom- oder Leitungstrassen wachsen, stehen ihren osteuropäischen Verwandten in nichts nach.
Alternative: Bio-Tanne
Welche Alternativen gibt es aber, wenn es nicht der herkömmliche Baum sein soll? Für wirklich grüne Blätter am Weihnachtsabend, kauft man am besten einen Öko-Weihnachtsbaum oder einen aus nachhaltiger Forstwirtschaft.
Ein guter Anhaltspunkt für Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Bedingungen sind die Siegel „FSC“, „Naturland“, „Bioland“, „Demeter“ oder „Biokreis“ sowie das Bio-Siegel der Europäischen Union. Alle Bäume mit diesen Siegeln wurden unter strengen ökologischen Kriterien angepflanzt. Beim Anbau der Bio-Tannen wird auf Kahlschlag, Pestizide, Düngung und Entwässerungsmaßnahmen verzichtet. Stattdessen sorgen Schafe für eine natürliche Düngung und gestutztes Unkraut.
Obwohl die Zahl der Verkaufsstellen für Öko-Bäume in den letzten zehn Jahren von 50 auf etwa 350 gestiegen ist, bekommt man längst nicht in allen Regionen eine Bio-Tanne. Der Verein „Robin Wood“ gibt deswegen eine Liste mit Anbietern in den einzelnen Bundesländer heraus, die einen guten Überblick über die unterschiedlichen Anlaufstellen bietet. Gibt es in der Nähe keine Verkaufsstelle, sollte man sich für einen Baum aus der eigenen Region entscheiden, am besten einen zum Selbstschlagen.
Alternative: Weihnachtsbaum mieten
Eine weitere Alternative ist es, sich keinen Baum zu kaufen, sondern ihn zu mieten. Lebende Bäume werden in einem Topf angeboten und nach der Weihnachtszeit wieder abgeholt. Doch auch hier ist ein genauer Blick notwendig: Sind diese Bäume unter ökologischen Bedingungen angepflanzt worden? Kommen sie aus der Region? Und wurden sie im Topf großgezogen? Letzteres ist vor allem wichtig, weil viele Bäume erst kurz vor der Auslieferung für den Topf passend gemacht und dabei die Wurzeln verletzt werden. Wenn das passiert, haben die Bäume später keine Chance mehr, weiter zu wachsen.
Entscheidet man sich für diese Variante, muss der Weihnachtsbaum nach seiner Zeit im warmen Wohnzimmer erst einmal langsam an die niedrigen Temperatur draußen gewöhnt werden, damit er keinen Kälteschock erleidet. Es ist also ratsam, ihn nach dem Gebrauch im Keller oder an einem anderen kühlen Ort zu lagern. Zu finden sind die Mietbäume bei einigen lokalen Förstereien und Anbietern. Auch im Internet kann man, zum Beispiel bei „GreenTree“, einen Weihnachtsbaum mieten.
Alternative: Selbst machen
Für die Handwerker und DIY-Begeisterten unter uns gibt es die Alternative, aus FSC-zertifiziertem Holz und umweltfreundlichen Utensilien selbst einen Weihnachtsbaum zu bauen. Dafür gibt es im Internet unzählige Anleitungen: von kleinen, modernen Formaten über große traditionelle Varianten – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Einfach selbstgemacht ist auch der mittelalterliche Gabenbaum. Dafür können Äste eines Laubbaums verwendet werden, die beim Auslichten und Zurückschneiden im Garten oder Park sowieso anfallen. Diese werden meist in einer großen Vase oder einem Topf aufgestellt und mit süßen Leckereien geschmückt, die nach dem Fest natürlich auch genascht werden dürfen.
Alternative: Tanne mit Schönheitsmakel
Krumme Gurken, dreibeinige Möhren und lädierte Äpfel – nicht nur sie landen im herkömmlichen Handel oft im Müll. Auch unansehnliche Weihnachtsbäume gelten als unverkäuflich und landen deshalb im Schredder. Und das sind ganz schön viele: Einer von vier Bäumen, die in den sogenannten Schonungen stehen, kommt weder für den Händler noch für die Landwirte im Hofverkauf infrage. Das Berliner Start-up Better Foodprint will das ändern und verkauft hidden beauties; Nordmanntannen, die es wegen ihrer Schönheitsfehler nicht in den Handel geschafft haben.
Menschen mit einem Herz für makelhafte Bäume können auf der Plattform Exemplare mit klangvollen Namen wie „Klappriger Kevin“ oder „Berufsunfähiger Björn“ bestellen – diese werden dann klimaneutral verschickt. Über ein Gewinnspiel wird ein besonders unansehnliches Exemplar verlost. Für jede verkaufte und vor dem Schredder-Tod gerettete Tanne, pflanzt das Unternehmen mit dem Partner „Plant for the Planet“ außerdem einen neuen Baum. Die Preise starten mit den Angeboten „für sehr Mutige“ bei 10 Euro.
Keine Alternative: Der Plastikbaum
Leider stellen die vermeintlich umweltschonenden Plastikbäume keine Lösung dar. Denn trotz der möglichen Wiederverwendung landen sie früher oder später auf dem Müll. Ein natürlicher Baum, der nach der Weihnachtszeit entsorgt wird, kann zu Humus verarbeitet und so dem natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden – das geht mit dem Plastikbaum nicht. Hinzu kommt, dass die meisten Plastikbäume aus Asien stammen und einen dementsprechend langen Transportweg haben. Wie eine Infografik von Ladenzeile.de verdeutlicht, spart ein Kunststoffbaum zwar 70 Jahre Baumwachstum. Um allerdings eine bessere Ökobilanz als ein natürlicher Baum zu haben, müsste ein künstlicher ganze 20 Jahre im Einsatz sein.
Hinweis: Wir haben den Artikel am 16. November 2018 aktualisiert und um das Projekt zu den Tannen mit Schönheitsmakeln ergänzt.