Energiewende
Bio-Kraftstoff selbst machen
2 minuten
24 August 2017
Titelbild: RWE Innogy
Können wir bald unseren Benzin-Ersatz zuhause selbst erzeugen? Ein Rostocker Start-up hat genau dafür eine Anlage entwickelt
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24 August 2017
Die Energiewende in Deutschland fokussiert sich im Moment stark auf Strom aus erneuerbare Energien. Strom, der in Batterien gespeichert werden muss, um jederzeit verfügbar zu sein. Das Problem daran: Batterien und Akkus benötigen Rohstoffe wie Kobalt, die unter höchst fragwürdigen Bedingungen abgebaut werden. Und zudem genauso endlich sind wie fossile Energieträger.
Viele Wissenschaftler forschen deswegen an Möglichkeiten, Methanol umweltfreundlich zu produzieren. Denn Methanol hätte als Energieträger viele Vorteile: diese Alkoholart ist ähnlich energiereich wie die fossilen Kraftstoffe Benzin, Diesel oder Kerosin. Methanol kann, anders als etwa der flüchtige Wasserstoff, vergleichsweise einfach transportiert werden. Methanol ließe sich deswegen auch recht einfach als Speichermedium nutzen, um es bei Bedarf in Wärme oder elektrische Energie umzuwandeln.
Autarke Versorgung mit dem Kraftwerk im Keller
Bislang findet die Methanolproduktion vorwiegend im industriellen Umfeld statt, denn das Verfahren benötigt sehr hohe Temperaturen von etwa 800 Grad Celcius und muss unter hohem Druck ablaufen. Bis jetzt. Denn das Rostocker Start-up Gensoric wirbt damit, einen Umwandlungsprozess entwickelt zu haben, der bei niedrigen Temperaturen und Drücken abläuft. Damit, so die Vision der Gründer, stehe der Weg offen zur Methanolproduktion im heimischen Keller.
Für den Betrieb braucht die sogenannte Willpower-energy-Anlage Wasser, Strom, spezielle Enzyme und aus der Umgebungsluft gefiltertes Kohlendioxid (CO2). Die Innovation der Anlage ist der Enzym-Reaktor. Die Enzyme fungieren als biologische Katalysatoren, die direkt beheizt werden. Auf diese Weise laufe der Umwandlungsprozess viel effizienter als bisher, so die Unternehmer. Zwar müssten die Enzyme regelmäßig ausgetauscht werden. Aber: „Das wird ähnlich einfach sein als der Wechsel einer Druckerpatrone“, verspricht Nils Methling, Leiter der Geschäftsentwicklung bei Gensoric. Besonders umweltfreundlich wird das Verfahren, wenn der Strom, der für den Prozess notwendig ist, aus erneuerbaren Energien stammt, zum Beispiel aus der Photovoltaikanlage vom Dach.
Methanol lässt sich nicht einfach so direkt in den Autotank oder die Ölheizung einfüllen. Fahrzeuge ließen sich jedoch nachrüsten. „Das ist vergleichbar mit dem bereits eingeführten Bio-Kraftstoff E10“, sagt Methling. Auch viele Heizungen könnten entsprechend anpasst werden, meint er. Besonders sinnvoll sei der Einsatz in Brennstoffzellen-Heizungen, wo das Methanol als Ersatz für Erdgas dienen würde.
Per Crowd-Investing zur fertigen Anlage
Natürlich entsteht, wie bei allen anderen Verbrennungsvorgängen auch, Kohlendioxid. Doch der Vorgang ist klimaneutral. Denn die gleiche Menge CO2, die bei der Verbrennung emittiert wird, wurde zuvor für die Produktion aus der Luft gefiltert. Dazu nutzt Gensoric eine Technologie der niederländischen Firma Skytree, die ursprünglich für die Europäische Raumfahrtbehörde entwickelt wurde, um die Luft auf der Internationalen Raumstation zu reinigen.
Eine erste Pilotanlage hat das Unternehmen gemeinsam mit RWE Innogy in Essen, Grüne Hauptstadt 2017, aufgestellt, wo Besucher sich selbst davon überzeugen können, dass die Methanolproduktion funktioniert. Bis die Technologie serienreif ist, wird es aber noch einige Zeit dauern: die Enzyme sollen weiter optimiert, die Anlage fertig konstruiert werden.
Die Europäische Union ko-finanziert die Fertigentwicklung der Anlage aktuell mit 1,7 Millionen Euro. Über ein Crowd-Investing sammelt Gensoric im Moment derzeit weitere Gelder ein. „Das Interesse ist riesengroß“, sagt Methling. Offenbar wollen sich nicht wenige Verbraucher unabhängig von fossilen Rohstoffen machen.