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16 May 2018
Die Entwicklung energieeffizienter Technologien, der Anbau ökologischer Lebensmittel, überhaupt die Umsetzung nachhaltiger Unternehmensideen benötigt stets Geld – Geld, das über Banken oft nicht einfach zu bekommen ist. Viele Unternehmen bieten daher Bürgern die Möglichkeiten, sich über ein Direktinvestment finanziell an ihnen zu beteiligen, um ihre Projekte zu verwirklichen. Nicht selten werden dabei attraktive Renditen versprochen.
Ulrike Brendel, Projektleiterin von „Gut fürs Geld, gut fürs Klima“ der Verbraucherzentrale Bremen, rät dazu, unbedingt vor der Geldanlage zu prüfen, ob der Anleger das Risiko tragen kann und wann das Geld wieder verfügbar sein muss. „Direktinvestments sind eine besonders riskante Anlageform“, sagt Brendel, „das kann man wirklich nur mit Geld machen, das übrig ist und im Falle eines Totalverlusts nicht die Altersvorsorge, die Finanzierung eines Studiums oder andere wichtige Dinge betrifft.“
Zwar sind Direktinvestments mit hohem Risiko behaftet, gleichzeitig sind sie für Menschen, die mit ihrem Geld etwas bewirken möchten, eine besonders interessante Anlageform. Denn Anleger finanzieren hier oft etwas komplett Neues mit. „Mein Lieblingsbeispiel ist die deutsche Energieversorgung“, sagt Max Deml, Finanzexperte und Herausgeber des Buchs „Grünes Geld 2020“, einem Nachschlagewerk mit Überblick über die unterschiedlichsten nachhaltigen Geldanlagen. „Noch vor 25 Jahren gab es keinerlei Wind- und Sonnenenergie im deutschen Strommix. Heute liegt der Anteil bereits bei über 30 Prozent. Das ist auf über 100.000 größtenteils private Anleger zurückzuführen, die bereits sehr früh in die ersten Wind- und Solarparks investiert haben. Sie haben auf diese Weise neue Energieformen mitfinanziert, die es damals einfach noch nicht gegeben hat“, sagt Deml.
Wer Anteile einer GmbH oder Kommanditgesellschaft kauft, die einen Wind- oder Solarpark baut, trägt mit seiner Anlage nicht nur direkt dazu bei, klimafreundlichen Strom zu erzeugen. Das erhöhte Eigenkapital ermöglicht der Betreiberfirma darüber hinaus, leichter Kredite aufzunehmen. „Im Windenergiebereich kann man von einem Hebel von 5:1 ausgehen“, erklärt Finanzexperte Deml. „Das heißt, wer 10.000 Euro investiert, hilft der Betreiberfirma, weitere 50.000 Euro Bankdarlehen zu erhalten.“
Strom aus regenerativen Quellen wird noch immer über die auf 20 Jahre festgelegte Einspeisevergütung im Rahmen des Erneuerbare-Energie-Gesetz gefördert. Zwar sind die Einspeisevergütungen in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, doch noch immer lassen sich die Erlöse solcher Anlage dadurch recht genau kalkulieren. „Da kann dann in aller Regel nicht allzu viel passieren, es sei denn, es gibt technische Schwierigkeiten oder es passieren kaufmännische Fehler“, sagt Deml. „Ganz ohne Risiko ist so ein Investment natürlich nie!“ Andere Branchen, wie etwa die Erforschung neuer Speichertechnologien oder Start-ups für umweltfreundliche Treibstoffe, verfügen nicht über ein solches staatliches Back-up. Damit ist automatisch auch das Risiko für Anleger höher.
Bauminvestments: Lange Anlagezeiträume bergen viele Stolpersteine
Wer das Stichwort „ökologische Geldanlage“ googelt, wird unweigerlich auf so genannte Bauminvestments stoßen. Denn was könnte grüner sein, als einen Baum zu pflanzen – beziehungsweise das Geld für Aufforstungsprojekte bereitzustellen? Finanzexperte Deml hat für sein Buch über 50 Unternehmen zusammengetragen, die sich in ganz unterschiedlicher Form mit dem Thema Wald, Bäumen oder Edelhölzern beschäftigen: „Die lassen sich sehr schwer vergleichen, da hier ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle präsentiert werden.“ Die meisten funktionieren als eine Art Warentermingeschäft.
Das bedeutet, der Anleger kauft zum heutigen Zeitpunkt Holz, das erst noch wachsen muss. Im Falle des Verkaufs des Holzes sprechen die Anbieter Rendite zwischen sechs und zwölf Prozent. „Man muss sich immer bewusst sein, dass das nur Renditeprognosen sind. Ob die dann so eintreffen, steht auf einem ganz anderen Blatt“, gibt Ulrike Brendel von der Verbraucherzentrale zu bedenken.
Denn die Bäume müssen teilweise über Jahrzehnte wachsen, womit natürlich Risiken einhergehen. Bäume müssen gegen Brände, Insektenbefall und Veränderungen durch den Klimawandel geschützt werden. Auch illegale Rodungen und Diebstahl können zum Problem werden. „Diese langen Zeiträume sind bei vielen dieser Unternehmen nicht durchfinanziert“, sagt Deml. Neben diesem finanziellen Aspekt kommt hinzu, dass sich die Gerichtsstände der Holzplantagen selten in Deutschland und oft in politisch eher instabilen Ländern befinden. „Wenn also etwas passiert, kann man in der Regel davon ausgehen, dass das komplette Investment verloren ist. Denn in einem anderen Land vor Gericht zu ziehen lohnt sich in aller Regel nicht“, sagt der Finanzexperte.
Genossenschaften: Mitsprachrecht und Chance auf Dividende
Eine weitere Möglichkeit der Direktbeteiligung bieten Genossenschaften. Das Konzept, bei dem viele Menschen ein Projekt finanzieren, wovon dann die ganze Gemeinschaft profitiert, hat sich in allen möglichen Bereichen wie der Landwirtschaft oder im Wohnungsbau bewährt. Auch neue Medienangebote, die werbeunabhängigen Journalismus bieten, wie zum Beispiel Krautreporter und Riffreporter, setzen auf dieses Modell. In den vergangenen Jahren boomen insbesondere Bürgerenergiegenossenschaften. Sie haben – genau wie Energieparks, die als GmbH organisiert sind – den Vorteil des auf 20 Jahre gesicherten Cashflows durch das EEG. Neben den klassischen Projekten wie Solaranlagen gibt es aber immer mehr Zusammenschlüsse von Bürgern, die sich um eine nachhaltige Wärmeversorgung kümmern, eine Infrastruktur für Elektromobilität aufbauen oder sogar ganze Energienetze übernehmen wollen.
Um bei einer Genossenschaft Geld anlegen zu können, muss man in aller Regel Mitglied werden, also Anteile zeichnen. Die Pflichtbeiträge variieren und bewegen sich zwischen 50 bis hin zu mehreren tausend Euro. Neben dem Pflichtanteil muss man oft eine Aufnahmegebühr bezahlen, die, anders als der Pflichtanteil, beim Austritt aus der Genossenschaft nicht wieder erstattet wird. Als Gegenleistung erhält das Mitglied eine Erfolgsbeteiligung, sofern Profite erwirtschaftet wurden und diese nicht zur Bildung von Rücklagen genutzt werden müssen. Die Dividende ist allerdings nicht garantiert. Zu beachten ist außerdem, dass Genossenschaftsanteile kaum handelbar sind und die Kündigungsfristen meistens mehrere Jahre betragen.
„Als Mitglied hat man Mitbestimmungsrecht. Wenn man in eine regionale Genossenschaft investiert, kann man das Projekt, also zum Beispiel einen Solarpark, besuchen. Oft wird so etwas durch lokale Banken finanziert und die Wertschöpfung bleibt in der Region. Nichtsdestotrotz kann man auch hier sein gesamtes Geld verlieren“, sagt Ulrike Brendel. Denn die Mitgliedschaft ist eine unternehmerische Beteiligung mit einer Chance auf Dividende, aber auch dem Risiko eines Totalverlusts. Genossenschaften fallen mit der Platzierung ihrer Anteile grundsätzlich nicht unter das Kleinanlegerschutzgesetz.
Das heißt, in den meisten Fällen besteht keine Prospektpflicht und eine Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfolgt nicht. Allerdings ist jede Genossenschaft nach dem Genossenschaftsgesetz verpflichtet, einem Prüfungsverband anzugehören. Dieser überprüft in der Gründung zunächst die Wirtschaftlichkeit des Konzepts und dann mindestens alle zwei Jahre die Vermögenslage und die Geschäftsführung. Bei Genossenschaften, deren Bilanzsumme zwei Millionen Euro übersteigt, muss die Prüfung in jedem Geschäftsjahr erfolgen.
Auch viele kleinere Banken sind genossenschaftlich organisiert, darunter auch einige der explizit grün beziehungsweise nachhaltig orientierten Finanzinstitute wie GLS Bank, Ethikbank und die gemeinwohlorientierte Sparda Bank München. Als Genosse trägt man hier dazu bei, das Eigenkapital der Bank zu stärken und kann auf der jährlich stattfinden Mitgliederversammlung Einfluss auf die Zielsetzungen und Wirkungen der Bank nehmen. „Je nachdem, wie die Geschäfte gehen, schütten die durchaus jährlich ein paar Prozent aus“, weiß Finanzmarktbeobachter Max Deml.
Crowdfunding: Ähnlich einer Spende
Eine relativ junge Form des Direktinvestments ist das Geldeinsammeln von Start-ups und Produkterfindern über das Internet. Trotz des Gemeinschaftsansatzes unterscheiden sich Crowdfunding und Crowdinvesting voneinander. „Crowdfunding ist ein wenig vergleichbar mit einer Spende, womit ich ein für mich wichtiges Projekt unterstütze. Zur Belohnung erhält man vielleicht ein fertiges Produkt oder das gute Gefühl, bei einer Sache geholfen zu haben. Das ist prima, wenn man Geld dafür übrig hat und nicht unbedingt eine Rendite haben will“, sagt Verbraucherschützerin Brendel.
Dem Erfinder Boyan Slut ist es zum Beispiel 2014 gelungen über ein Crowdfunding rund 38.000 Menschen für seine Idee zu begeistern, ein riesiges Netz zu entwickeln, das Plastikmüll aus den Meeren fischt. 2,2 Millionen Euro konnte er auf diese Weise einsammeln. Geld, das er für dieses Projekt trotz Businessplan über herkömmliche Banken vermutlich nicht bekommen hätte. Viele ökosoziale Projekte nutzen inzwischen diese Plattformen, damit aus ihren Ideen konkrete Produkte oder Projekte werden. Auf Startnext gibt es eine eigene Sektion für Sozialunternehmen und Umweltprojekte; die Plattform Ecocrowd fokussiert sich komplett auf nachhaltige und grüne Projekte.
Crowdinvesting: Mit hohen Renditeversprechen kommt hohes Risiko
Crowdinvesting-Angebote hingegen locken mit einer (hohen) Rendite. Hier überzeugen Unternehmen viele Kleinanleger von ihrer Sache, anstatt wenige Großinvestoren zu beteiligen. Inzwischen gibt es zahlreiche Crowdinvesting-Plattformen, die sich darauf spezialisiert haben, Geldsuchende und Kleinstinvestoren im Bereich der Nachhaltigkeit und alternativen Energieerzeugung zusammenzubringen. Beispiele dafür sind Bettervest, Green Rocket, Wiwin, GLS Crowd, GreenVesting, econeers, fairzinsung, Klimaschwarm, Crowd4Climate oder ecoligo.investments.
Auf diesen Plattformen werden Projekte präsentiert, die zum Beispiel Fotovoltaikanlagen in Schwellenländern bauen, die energetische Sanierung von Bestandsimmobilien finanzieren oder eine Stottertherapie weltweit verfügbar machen möchten. „Da werden wichtige und interessante Projekte angeboten“, sagt Ulrike Brendel von der Verbraucherzentrale, „aber man muss sich einfach bewusst sein: das sind die riskantesten Geldanlagen überhaupt.“
Viele dieser Crowdinvesting-Kapitalanlagen werden als Nachrangdarlehen angeboten. „Kauft man Nachrangdarlehen, muss klar sein, dass man im Falle einer Pleite als Kleinanleger ‚nachrangig bedient‘ wird, also nur sehr geringe Chancen auf eine Entschädigung aus der Insolvenzmasse hat“, warnt Brendel. Dazu kommt, dass der Kreditnehmer die Zins- und Tilgungszahlungen verschieben kann, sofern die Auszahlung seine Insolvenz bedeuten würde. Ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist nicht ausgeschlossen und es besteht kein Schutz durch eine Einlagensicherung. Auch haben Crowdinvestoren meist weder Mitsprachemöglichkeiten, noch das Recht, die Bilanz einzusehen – die ohnehin meist nur für Wirtschaftsexperten durchschaubar ist. Zudem handelt es sich bei den Darlehenssuchenden oft um Start-ups, was die Beurteilung noch einmal schwerer macht als bei etablierten Unternehmen, die bereits eine erfolgreiche Arbeitsweise bewiesen haben.
Ganz Ähnliches gilt für Genussscheine, also festverzinsliche Wertpapiere, über die Unternehmen Geld von Anlegern leihen, ohne sie direkt an der Gesellschaft zu beteiligen. „Die einfache Formel lautet: Je höher die Verzinsung, desto höher das Risiko“, sagt Finanzexperte Max Deml. „Ein Anbieter, der kein großes Risiko eingehen muss, kann seine Genussscheine auch für drei Prozent platzieren. Je höher das Risiko ist, desto höher muss angeboten werden, sonst wird da niemand mitmachen.“
Wer also diese Form der Kapitalanlage wählt, muss sich auch im grünen Bereich sehr genau überlegen, welchem Anbieter und welchem Projekt er sein Vertrauen schenken möchte – und stets das Risiko eines Totalverlusts im Kopf behalten. Eine weniger riskante Anlageklasse sind breitgestreute Investmentfonds, von denen es ebenfalls nachhaltige Varianten gibt.