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Jasper Fabian Wenzel , Jan Abele
Vorsorgen, Alter!
8 Tipps zur grünen Altersvorsorge
Lesezeit:
3 minuten
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11 February 2019
Paul Koncewicz, 34, erzählt in seinem Buch „Paul / Paweł“ von seinen beiden Familien: der polnischen seines leiblichen Vaters sowie dem seit 1990 mit ihm in Deutschland lebenden Familienteil – Mutter, Stiefvater und Schwester
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11 February 2019
Jetzt mal Butter bei die Fische: Wie kann ich finanziell vorsorgen – nicht auf Kosten von morgen und anderen? Acht Experten geben Tipps zur ethischen und ökologischen Altersvorsorge
Ich will ethisch und ökologisch korrekt vorsorgen – wie fange ich an?
Julia Dubslaff, Facing Finance e.V.: Zunächst sollte man definieren, was „grün“ für einen selbst bedeutet. Begriffe wie „grün“, „nachhaltig“ oder „fair“ werden oft sehr unterschiedlich ausgelegt. Nützliche Informationen erhält man von unabhängigen Beratern, auf Messen oder Webseiten, wobei es nicht nur um die Suche nach geeigneten Anbietern geht, sondern auch um die Entscheidung für eine bestimmte Anlageform: Sparkonto oder Windkraftanlage? Aktienfonds oder Mikrofinanzfonds? Die Angebote von Versicherungen, Banken und Vermögensverwaltern sollten dann genau geprüft werden. Lieber einmal mehr darüber schlafen, lieber einmal mehr nachfragen.
Welche „grünen“ Geldanlagen zur Altersvorsorge gibt es überhaupt?
Volkmar H. Haegele, gruenvorsorgen.de: Wer umweltbewusst ansparen möchte, kann dies mit einer grünen Rentenversicherung aus den drei Schichten: Basisrente („Rüruprente“), Zulagen-Rente („Riesterrente“), Betriebsrente oder private Rentenversicherung. Auch bei nachhaltigen Rentenversicherungen sind die individuelle Situation des Kunden, die Finanzstärke des Versicherungsunternehmens und Kalkulationsgrundlagen des Tarifes (Rentenfaktor, Kosten, etc.) zu berücksichtigen. Die Auswahl der Investmentfonds erfordert erfahrungsgemäß Fach- und Hintergrundwissen. Grundsätzlich ist zu prüfen, ob eine lebenslange Verrentung oder konkretes Vermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt erwünscht ist. Welche Garantien, welche Sicherheiten erhoffen sich Anleger, wie hoch ist die Risikobereitschaft?
Wie bewerten Sie Investitionen in Mikrokreditfonds zur privaten Vorsorge?
Silke Müffelmann, Frankfurt School of Finance & Management: Mikrofinanz ist schon seit Längerem eine weltweite Anlagemöglichkeit. Das Volumen ist im Vergleich zum Mainstream-Investment sehr gering. Ende 2016 waren global 130 Mikrofinanzanlage-Instrumente operativ. Beim Blick auf die Verteilung der Investoren zeigt sich: Individuelle Anleger machen bereits rund 24 Prozent aus. Es ist ein kleiner, aber rasch anwachsender Markt. Die Verzinsung von Mikrofinanzanlagen, die seltener aus Aktien und häufiger aus Termineinlagen bestehen, liegt bei zwei bis maximal vier Prozent. Im Bereich der festverzinslichen Anlagen ein lukrativer Wert.
Wo kann ich mich unabhängig über solche Geldanlagen informieren?
Caspar Dohmen, Wirtschaftsjournalist: Eine wirklich unabhängige Anlageberatung ist nur bei freien Honorarberatern (zu finden u. a. beim Verbund Deutscher Honorarberater, d. Red.) gegeben. Diese Berater gibt es, sie spielen allerdings in Deutschland kaum eine Rolle, weil das Gros der Anleger direkt zu den Finanzdienstleistern geht. Nun unterscheidet sich der nachhaltige Finanzdienstleister in der Beratungssituation nicht von den konventionellen; ein wesentlicher Punkt ist aber, ob Berater provisionsabhängig honoriert werden oder nicht, das macht dann schon einen entscheidenden Unterschied in der Beratungsqualität. Grundsätzlich gilt es natürlich, sich vorab selbst über Anlageprodukte zu informieren. Das geht beispielsweise auf Plattformen wie Finanztip, Stiftung Finanztest, bei Ecoreporter oder den Verbraucherzentralen.
Gibt es „grüne“ Bausparverträge?
Daniel Ritani, Triodos Bank N.V.: Das Bauspargeschäft ist ein speziell regulierter Bereich. Die meisten Bausparkassen sind ausschließlich auf diesem Feld aktiv. Das ist ein Aufwand, den die nachhaltigen Banken selbst noch nicht angegangen sind. Einen komplett nachhaltigen Bausparvertrag gibt es in Deutschland noch nicht.
Kann ich eine normale Lebensversicherung (LV) in eine „grüne“ umwandeln ohne eingezahltes Geld zu verlieren?
Julian Mertens, GLS Gemeinschaftsbank eG: Eine Kündigung ist eigentlich immer mit finanziellen Verlusten verbunden. Vor allem in den ersten Jahren sind die Anlaufkosten hoch. Insofern ist es wichtig, sich einen solchen Schritt genau zu überlegen. Möglich ist es auch, die LV beitragsfrei zu stellen, der Effekt ist dann ähnlich, und man muss sich den Einzelfall anschauen. Stattdessen kann es sinnvoller sein, die LV fortzuführen und auf den Versicherer einzuwirken, seine Kapitalanlage nachhaltiger auszurichten. Sie können dabei auf Entscheidungen der Wettbewerber aufmerksam machen, etwa beim Abzug von Investitionen in fossile Energieunternehmen. Auch kann man Vorsorge ergänzen durch eine LV, private Rentenversicherung oder Riestern.
Welches Anlageprodukt könnte ich meinem Sohn zu seinem siebten Geburtstag schenken, damit er ethisch einwandfrei abgesichert ist?
Mathias Winkler, Fachberater für nachhaltige Investments: Wirklich überzeugende ethisch-ökologische Anlagekonzepte für die Altersvorsorge gibt es am Markt nur sehr wenige. Eine Reihe von Versicherern bietet zwar für ihre Rentenverträge eine Auswahl mehr oder weniger nachhaltiger Fonds an, dabei fließt aber immer noch ein wesentlicher Teil der Beiträge in andere, nicht-nachhaltige Investments. Eine weitgehend konsequente Lösung findet sich derzeit nur bei der Stuttgarter (Modell „Grüne Rente“), sowie der Volkswohlbund Versicherung (Tarif „Transparente“). In beiden Fällen werden sämtliche Spargelder ausschließlich nachhaltig investiert, in soziale Wohnprojekte, erneuerbare Energien, Mikrofinanzen oder andere nachhaltig ausgerichtete Unternehmen. Die Verzinsung ist dabei die gleiche wie bei klassischen Rentenversicherungen.
Kann man „grün“ riestern?
Monika Pietsch-Hadré, Verbraucherzentrale Bremen: Nachhaltige Riester-Produkte sind nach wie vor Mangelware. Vergangenes Jahr haben wir uns zusammen mit der Stiftung Warentest Riester-Produkte angesehen und untersucht, inwiefern sie ethisch-ökologische Anlagekriterien berücksichtigen. Wir haben unter dem vielfältig interpretierbaren Begriff der Nachhaltigkeit nicht geschaut, ob die Anbieter in grüne Technologie investieren, das machen viele, sondern: welche Investitionen sind für sie tabu. Wir haben nachgefragt, ob sie bei der Anlage der Riester-Beiträge Investitionen in geächtete Waffen ausschließen und kein Geld in Unternehmen fließt, die mit Menschenrechtsverletzungen oder Kinderarbeit in Verbindung gebracht werden. Die Ergebnisse unserer Untersuchung zum Thema „nachhaltig Geld anlegen und Altersvorsorge“ finden sich auf geld-bewegt.de.