Investments der C&A-Familie Brenninkmeijer

Die Scheinheiligen

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6 minuten

25 August 2014

Titelbild: Master Wen/Unsplash

Zuerst tönten sie groß mit Investments in erneuerbare Energien, dann steckten sie ihr Geld in Öl- und Fracking-Unternehmen. Diese fragwürdigen Praktiken sind unter bekannten Investoren weit verbreitet

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25 August 2014
Wir schaffen eine bessere Welt, tönte die C&A-Familie Brenninkmeijer einst und investierte Millionen in Windkraft und Photovoltaik. Inzwischen mehrt der Clan seinen Reichtum mit fossilen Energien – und auch andere prominente Unternehmer halten nichts vom langfristigen Engagement

Ein Brenninkmeijer spricht nicht in der Öffentlichkeit. Über Privates sowieso nicht, aber auch geschäftliche Details bleiben, wenn irgend möglich, geheim. So hält es die Familie seit 173 Jahren. Damals, 1841, gründeten Clemens und August Brenninkmeijer die erste C&A-Filiale. Es war der Grundstein für eine weltweite Unternehmung. Sie hat die Niederländer zu einem der reichsten Clans gemacht. Und zu einem der verschwiegensten.

Umso bemerkenswerter war es, als er vor ein paar Jahren Einblicke in seine Anlagepolitik gewährte und sich als ethischer Investor präsentierte. „Im Interesse unserer Nachfahren: Die fossilen Brennstoffe müssen weg“, forderte Marcel E. Brenninkmeijer, der für die Öko-Investments der Familie verantwortlich war, 2007 in einem Interview. „Die Bewahrung der Schöpfung ist für mich selbstverständlich“, so der Katholik, dessen Familie viele Geistliche hervorgebracht hat. Er sprach von einer „positiven Umorientierung“ seines Lebens und von langfristigen Werten und Projekten. Zu ihrem Portfolio zählten Dutzende junge Unternehmen, die Photovoltaik, Windkraft und Bioenergie voranbringen wollten, ihr Kronjuwel war der ostdeutsche Solarzellenhersteller Q-Cells.

Die Brenninkmeijers sind nicht die einzigen mit bigotten Investments

Alles nur Lüge und Heuchelei? Jetzt, nach dem Ende des Solar-Booms, machen die Brenninkmeijers genau das Gegenteil von dem, was ihr Umweltbeauftragter einst postuliert hatte: Sie investieren massiv in die Förderung von Erdöl und Gas in Nordamerika. Im Zentrum ihrer Investments steht Fracking, die ökologisch höchst bedenkliche Förderung von Erdgas, die das Grundwasser gefährdet, die Atmosphäre mit Giften belastet und unter Umständen Erdbeben auslösen kann. Man muss kein radikaler Naturschützer sein, um in Fracking eine Gefährdung der Schöpfung zu sehen.

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Mit ihren bigotten Investments stehen die Brenninkmeijers nicht allein da. Dutzende reiche Unternehmer und Firmenerben haben in Europa und den USA in den vergangenen Jahren Milliarden in Klimaschutztechnologien investiert. Als die alternativen Energien, voran die Photovoltaik, in die Krise gerieten, stiegen die meisten hastig aus dem Umweltschutz aus.

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Zu denen, die viel Geld verbrannt haben, gehört Immo Ströher, Miterbe des Darmstädter Kosmetikkonzerns Wella. 2003 verkaufte die Familie Ströher die Mehrheit an ihrem Unternehmen für 6,6 Milliarden Euro an den amerikanischen Konzern Procter & Gamble. Mit einem Teil der Wella-Milliarden unterstützte Immo Ströher die Pioniere, die in Deutschland die ersten Unternehmen für erneuerbare Energien auf die Beine gestellt hatten – darunter Q-Cells, die Berliner Photovoltaik- Firma Solon und der rheinland-pfälzische Windkraft-Spezialist Fuhrländer. Bei seinen Investments beriet sich Ströher oft mit seinem Freund Marcel E. Brenninkmeijer.

Doch die meisten Projekte brachten Ströher Verluste ein. Lediglich bei Q-Cells stieg er rechtzeitig aus, bevor die Aktienkurse in die Tiefe rauschten. Inzwischen hat der Wella-Erbe nahezu alle seine Engagements in den erneuerbaren Energien beendet. So verkaufte er im Juli 2013 die amerikanische Solarfirma Global Solar Energy an das chinesische Unternehmen Hanergy. Heute ist Ströher nur noch am Rande im Klimaschutz engagiert.

Andere Investoren verloren komplett ihr Interesse, als sich herausstellte, dass man mit Solarenergie, Windkraft und Biomasse auf kurze Sicht keine Profite scheffeln kann. Hierzu gehören Otto Happel, Erbe des Bochumer Maschinenbaukonzerns GEA, und die beiden Brüder Andreas und Thomas Strüngmann, die das Pharma-Unternehmen Hexal aufgebaut hatten. Die drei waren zeitweise an dem Hamburger Solarunternehmen Conergy beteiligt. „Das Investment war rein finanziell motiviert. Andreas und Thomas Strüngmann hatten keinen besonderen Bezug zu erneuerbaren Energien“, sagt ihr Vermögensverwalter Klaus-Joachim Krauth.

Konjunkturritter, die auf vermeintlich lukrative Trends setzen

Bis vor etwa fünf Jahren galten die erneuerbaren Energien als Boom-Industrie wie Ende der 90er-Jahre die New Economy. Vor allem das steile Wachstum der Photovoltaik befeuerte die Fantasien. Dies hatten seinerzeit auch der Unternehmensberater Roland Berger, der Investmentbanker Florian Lahnstein und der einstige Bertelsmann- Chef Thomas Middelhoff bemerkt. 2008 gründeten sie eine Finanzfirma namens BLM, die wiederum AEG Power Solutions übernahm, einen wichtigen Zulieferer der Solarindustrie.

Um möglichst hohe Profite einstreichen zu können, dachte sich das Trio eine komplexe Konstruktion aus Mantelgesellschaften, Börsengang und Aktien-Optionen aus. Die Aussicht auf schnellen Gewinn lockte auch den umstrittenen Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer an, der sich parallel zu Berger & Co. an AEG Power Solutions beteiligte. Als der Boom der Photovoltaik jedoch endete, brach auch die Nachfrage nach den Produkten von AEG Power Solutions ein. Die Aktie des Solarzulieferers, die beim Börsengang 2010 zehn Euro wert war, notierte Mitte Juli dieses Jahres nur noch bei 30 Cent. Zwischen den Gründern ist eine Schlammschlacht ausgebrochen. Roland Berger fordert von Thomas Middelhoff einen Kredit zurück und schickt schon mal den Gerichtsvollzieher vorbei. Sein Gegenspieler wehrt sich mit allen juristischen Mitteln.

Der bizarre Rechtsstreit zeigt vor allem eines: Investoren wie Berger, Lahnstein und Middelhoff sind Konjunkturritter, die auf vermeintlich lukrative Trends setzen. Sie stellen ihr Kapital meist nur solange zur Verfügung, wie der Boom anhält. Zeigen sich die ersten Wolken am Horizont, ziehen sie sich zurück und lösen damit einen Kursrutsch aus. Sind die Aktienkurse im Keller, bekommen Photovoltaik- oder Windkraftfirmen an der Börse kaum nochfrisches Kapital, mit dem sie dauerhaft ihr Wachstum finanzieren können.

Undurchsichtige Verhältnisse

Mangelndes langfristiges Engagement muss sich auch Familie Brenninkmeijer vorhalten lassen. „Das Wachstum kann nicht im alten Stil weitergehen, sonst fallen wir alle tot um. Die erneuerbaren Energien müssen kommen“, tönte Marcel E. Brenninkmeijer einst. Der 56-Jährige hat, wie alle in seiner rund 500 Mitglieder großen Familie, einen niederländischen Pass und spricht fließend deutsch. Viele Jahre arbeitete er als C&A-Einkäufer. Auf seinen Reisen habe er „einige der am schlimmsten verschmutzten Städte der Welt gesehen“.

Er überzeugte seine Verwandten daraufhin, ihren Reichtum für die Schaffung einer besseren Welt einzusetzen. Im Jahr 2000 gründete die Cofra Holding, die das Vermögen der Brenninkmeijers von etwa 25 Milliarden Euro verwaltet, im Schweizer Steuerparadies Zug die Holding-Gesellschaft Good Energies, deren Leitung Marcel E. Brenninkmeijer übernahm. Pro Jahr stellte die Familie der Investmentfirma 350 Millionen Euro zur Verfügung, die in junge Unternehmen für klimafreundliche Energien angelegt werden sollten.

Zu den wichtigsten Investments gehörten der norwegische Solarkonzern REC und der ostdeutsche Photovoltaikpionier Q-Cells, an dem Good Energies zu knapp 50 Prozent beteiligt war. Bei der Auswahl von aussichtsreichen neuen Technologien arbeitete Good Energies mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg zusammen, einer der weltweit führenden Forschungseinrichtungen für Photovoltaik. Die beiden Organisationen gründeten die Firma Concentrix, die innovative Solarzellen mit besonders hohem Wirkungsgrad entwickeln sollte. 2007, auf dem Gipfel des Solar-Booms, hatten die Beteiligungen von Good Energies an der Börse einen Wert von mehr als drei Milliarden Euro.

Die Aktienkurse waren aber offenbar maßlos überhöht. Die Nachfrage nach Solaranlagen stieg weit weniger stark als erhofft. Viele Unternehmen wie Q-Cells mussten Konkurs anmelden. Marcel E. Brenninkmeijer legte den Aufsichtsratsvorsitz bei Q-Cells nieder und schied auch bei Good Energies aus. Die Holding verlegte ihren Sitz nach New York; zugleich wurde der Name 2012 in Bregal Energy geändert. Das Unternehmen ist Teil der Holding-Gesellschaft Bregal Investments, die wiederum zu 100 Prozent der Brenninkmeijer- Holding Cofra gehört. Marcel E. Brenninkmeijer hat bei Bregal Investments keine Funktion; die Geschäfte leitet ein anderes Familienmitglied, Wolter Brenninkmeijer. Bregal Energy hält zwar immer noch ein paar Investments in Klimaschutz- Technologien, doch dies dient offenbar nur der Imagepflege. „Der primäre Fokus der künftigen Investments wird im traditionellen Energiesektor in Nordamerika liegen“, heißt es bei Bregal Energy.

Das Unternehmen investiert vor allem in die Exploration, Förderung und Verstromung von Erdgas aus der Marcellus-Formation, einem riesigen Gebiet rund um die Appalachen, die sich von den Bundesstaaten New York und Ohio bis nach Pennsylvania erstrecken. Hier befinden sich die größten bekannten Erdgas-Lagerstätten in den USA. Die bislang noch weitgehend unerschlossenen Vorkommen an Schiefergas sollen vor allem durch Fracking ausgebeutet werden. Zu den beteiligten Unternehmen gehört die Firma Inflection Energy, an der die Brenninkmeijer-Firma Bregal Energy wesentlich beteiligt ist. „Wir betrachten die Marcellus-Formation und andere Schiefergas-Vorkommen als attraktive Investment-Chancen“, sagt John Breckenridge, Chef von Bregal Energy. Allerdings ist Fracking auch in den USA sehr umstritten. Der Staat New York hat daher auf seinem Territorium bis auf weiteres die Erschließung und Förderung von Schiefergas-Vorkommen untersagt.

Besser läuft es in Pennsylvania, wo Fracking erlaubt ist und genutzt wird. Dort ist neben Inflection Energy eine weitere Beteiligungsgesellschaft der Brenninkmeijers aktiv, der Kraftwerksbetreiber IMG Midstream. Das Unternehmen verfeuert in seinen Kraftwerken Schiefergas aus Pennsylvania. Bregal Energy betreibt und baut in Nordamerika weitere Wärmekraftwerke, die Öl und Gas einsetzen.

Jede Glaubwürdigkeit eingebüßt

Wie die Brenninkmeijers hat auch der US-Finanzier T. Boone Pickens jede Glaubwürdigkeit eingebüßt. 2007 kündigte er an, in Texas die größten Windparks der USA zu bauen. Rund 4000 Gigawatt Strom sollten erzeugt werden – das entspricht der Leistung von vier AKW. Doch bereits drei Jahre später blies Pickens, Gründer und Chef des Hedgefonds BP Capital, zum Rückzug. Heute macht er sich für die Förderung von Erdgas stark. Aufgrund der niedrigen Gaspreise sei die Windkraft für die Stromerzeuger zu teuer, sagte er zur Begründung. Bei den Brenninkmeijers standen die Investments letztlich auch unter dem Vorbehalt, dass sie kurzfristig genügend Gewinn abwerfen. „Unser Renditeziel sind 15 Prozent pro Jahr“, erklärte Marcel E. Brenninkmeijer 2007. Sein Argument: „Ohne Profit können wir ja keine weiteren Projekte finanzieren. Abgehobener Idealismus kostet nur.“

Eine Rendite von 15 Prozent ist aber bei neuen Technologien, ob in der Energieversorgung oder in anderen Branchen, in den Anfangsjahren selten zu erwarten. Grundlegende Innovationen benötigen meist sehr viel Zeit, oft mehrere Jahrzehnte, bis sie sich bezahlt machen.

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Dies ist offenbar nur wenigen Investoren bewusst, die sich in erneuerbaren Energien engagieren. Zu den Ausnahmen gehören die badischen Unternehmer Klaus Grohe (Sanitär) und Alfred Ritter (Schokolade). Sie halten weiterhin an ihrer Beteiligung an einer Solarfabrik in Freiburg fest, einem der letzten Überlebenden der deutschen Photovoltaik. Ebenso vertraut Susanne Klatten, Großaktionärin von BMW, in das Windkraftunternehmen Nordex, an dem sie seit 2008 beteiligt ist. Bei der jüngsten Kapitalerhöhung im Dezember 2013 zogen auch Klatten und ihr Mann mit. Bei Nordex gehe es „nicht um einen schnellen Gewinn“, sondern um ein „wertorientiertes Investment“, lässt sie ausrichten.

Marcel E. Brenninkmeijer hingegen mochte sich auf Anfrage von enorm nicht zur geänderten Geschäftspolitik äußern. Der einstige Öko-Investor gibt seit Jahren keine Interviews mehr. Ganz so, wie es seine Familie seit jeher hält.

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