Nachhaltige Finanzen

Banken mit dem grünen Hebel

Lesezeit:
4 minuten

27 April 2018
Soziales und ökologisches Engagement sind gerade en vogue in der Bankenbranche. Doch nur die grünen Banken treiben den nachhaltigen Wandel wirklich voran. Ihre Kredite und Investitionen sind der grüne Hebel der Finanzwirtschaft

Glaubt man den Fernsehspots, Plakaten und Hochglanzbroschüren, gibt es in Deutschland nur noch verantwortungsvolle Banken. Da wird sich rührend um jeden einzelnen Kunden gekümmert, während die Bänkerin klimafreundlich mit dem Fahrrad zur Filiale radelt. Und natürlich fördern alle Banken Ideen, mit denen unsere Gesellschaft in eine rosige Zukunft geführt wird.

Keine Frage: soziales und ökologisches Engagement sind gerade en vogue in der Bankenbranche. Worüber jedoch keiner gerne redet: Was wirklich mit dem Geld der Kunden geschieht. Die kurze Antwort: Viele investieren in die Branchen, mit denen sich Geld schnell vermehren lässt. Ob der moralische Kompass in die richtige Richtung zeigt, spielt dabei kaum eine Rolle. Die Finanzierung von Atomkraftwerken, Investitionen in Kohleindustrie oder Rüstungsunternehmen sind nur drei Branchen, die exemplarisch für die Strategie vieler Banken stehen.

Grüne Banken investieren nach strengen Standards

Doch es geht natürlich auch anders. Grüne Geldinstitute wie die Triodos Bank, die GLS Bank, die Umweltbank oder die Ethikbank machen es vor. Sie investieren ausschließlich in nachhaltige Branchen und Projekte und richten sich nach internen Leitlinien für Umwelt- und Sozialstandards, die wesentlich strenger sind, als die der Konkurrenz. Diese Vorgaben unterscheiden sich von Bank zu Bank und beinhalten Positiv- und Ausschlusskriterien. So achtet die GLS Bank beispielsweise auf die Verankerung guter Unternehmensführung in der Unternehmenspolitik sowie die Übernahme sozialer und ökologischer Verantwortung bei unternehmerischen Handlungen und den Produkten. Ausgeschlossen werden unter anderem Atomkraft, Massentierhaltung und die Verletzung von Menschen- und Arbeitsrechten. Die Anlagekriterien sind zudem bei den nachhaltigen Banken öffentlich einsehbar.

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Diese Transparenz ist von wesentlicher Bedeutung, denn noch lässt ein offizielles Siegel, was grüne Geldanlagen kennzeichnet, auf sich warten. Zwar hat die EU im März 2018 einen Action Plan veröffentlich, der ein solches Siegel ankündigt, aber bis es wirklich soweit ist, wird noch einige Zeit vergehen. Grüne Institute beobachten das Vorhaben zudem teilweise kritisch, da sie befürchten, dass dahinter lediglich Mindeststandards stehen werden, die unter ihren eigenen liegen.

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Das Geld für ihre Investitionen generieren die Nachhaltigkeitsbanken, wie andere Geldinstitute auch, unter anderem durch ihr Eigenkapital und durch die Einlagen ihrer Kunden. Verwendet wird es im Wesentlichen für die Ausgabe von Krediten und Investitionen am Kapitalmarkt, dem sogenannten Eigenanlagengeschäft – beides nach den oben genannten nachhaltigen Standards.

Nachhaltige Banken verzeichnen seit Jahren Einlagenansteig

So betrug beispielsweise das Volumen der ausgegebenen Kredite der GLS Bank im Jahr 2017 rund 3 Milliarden Euro. Das sind über 900 Millionen Euro mehr im Vergleich zum Jahr 2015. Die niederländische Triodos Bank verzeichnete 2017 ein Kreditvolumen von rund 6,6 Milliarden Euro. Auch sie konnte im Vergleich zu 2015 zulegen – um rund 1,4 Milliarden Euro. Die Umweltbank steigerte ihr Gesamtvolumen an Krediten von rund 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2017. Sie hat seit ihrer Gründung 1997 insgesamt über 22.500 ökologisch und sozial nachhaltige Vorhaben unterstützt. „Aus den Geschäfts- und Jahresberichten der Banken geht hervor, dass alle sowohl steigende Einlagen als auch ein höheres Kreditvolumen zu verzeichnen haben“, sagt Cosima Stahr vom Think Tank Adelphi aus Berlin. Sie ist Senior Projektmanagerin und leitet die Themenbereiche Green Economy, Sustainable Business und Green Finance.

Dieser Text ist Teil einer vierteiligen Serie zum Thema „Nachhaltige Finanzen“. Ermöglicht wurde sie durch ein Themensponsoring durch die Umweltbank. Die Themen der Beiträge wurden frei von der enorm Redaktion ausgewählt. Sie werden weder mit dem Sponsor abgestimmt, noch werden die Texte ihm vor der Veröffentlichung vorgelegt. Mehr zu unseren Finanzierungsmöglichkeiten

Und für welche Projekte werden die Kredite ausgegeben? Die Analyse von Stahr ergab: „Kredite für erneuerbare Energien, insbesondere Photovoltaik und Windkraft, und Baukredite sind Spitzenreiter bei den meisten nachhaltigen Banken. Im Fall der GLS Bank und der Triodos Bank mit jeweils bis zu 30 Prozent am ausgegebenen Kreditvolumen. Es folgen Ernährung, Landwirtschaft und nachhaltige Wirtschaft. Hier beispielsweise die Segmente Mobilität und Einzelhandel. Zudem erfolgt die Kreditvergabe in den Bereichen Soziales und Kultur.“

Stahr sieht die grünen Kreditinstitute in einer Schlüsselposition: „Die nachhaltigen Banken sind wichtige Finanzierer von Projekten, die für andere Banken unattraktiv wären, beispielsweise aufgrund von niedrigen Erträgen, einer schlechten Risikoeinschätzung nach herkömmlicher Analyse und fehlendem Verständnis für nachhaltige Geschäftsmodelle.“

Grüne Banken als Treiber der nachhaltigen Transformation

Das bedeutet: Die Nachhaltigkeitsbanken füllen eine wichtige Rolle aus, ohne die ein Wandel in eine klimafreundliche und sozialere Gesellschaft nicht möglich wäre. Ähnlich sieht es auch Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): „Da die überwältigende Mehrheit der Unternehmens- und privaten Haushaltsfinanzierungen von Banken kommt, sind Banken im Allgemeinen und nachhaltige Banken im Besonderen sehr wichtig für alle Investitionen, die beim Umbau zur nachhaltigen Gesellschaft notwendig sind. Nachhaltige Banken haben hier eine Vorreiterrolle.“ Und Stahr ergänzt: „Ein wirklicher Wandel hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft kann nur stattfinden, wenn nachhaltige Banken als Pioniere die Finanzierung von nachhaltigen Investitionen vorantreiben und Nachhaltigkeitskriterien auch in der Mainstream-Finanzierung Einzug halten. Im Sektor der erneuerbaren Energien ist dies bereits geschehen, andere Sektoren müssen und werden folgen.“

Ein Beispiel für den Einzug in den Mainstream ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Sie zählt zu den größten nationalen Förderbanken weltweit und vergab 2017 in ihrem Geschäftsfeld Mittelstandsbank im Bereich Umwelt rund 10,2 Milliarden Euro an Fördergeldern. Im gleichen Jahr förderte die KfW zudem im Geschäftsfeld Kommunal- und Privatbank energieeffizientes Bauen und Sanieren mit 14,2 Milliarden Euro.

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Trotz Schlüsselposition für den nachhaltigen Wandel und teilweisen Einzug in den Mainstream sieht Expertin Stahr große Herausforderungen auf Seiten der Nachhaltigkeitsbanken. „Bei nachhaltigen Projekten ist bei der Finanzierung ein aufwendiges Verfahren zur Kreditprüfung notwendig; dieses ist je nach Sektor und Projekt zum Teil sehr komplex und schwierig zu vereinheitlichen, und damit entsprechend teuer.“ Da die grünen Banken im Wettbewerb mit den rein auf Wirtschaftlichkeit getriebenen herkömmlichen Instituten stünden, müssten sie nach Ansicht von Stahr die Effizienz ihrer Entscheidungsverfahren weiter verbessern, um Transaktionskosten zu senken und ihre Produkte so für ein breites Publikum attraktiv zu machen. Dies könne durch eine weiteren Standardisierung der Prozesse und darauf folgend einer Skalierung erfolgen. Dabei müsse jedoch weiterhin auf Flexibilität geachtet werden. „Nachhaltige Projekte zeichnen sich häufig durch ihre Neuartigkeit und Diversität aus und benötigen daher flexible Geldgeber“, sagt Stahr.

Banken müssen wieder für die Realwirtschaft arbeiten

Lösen die grünen Banken diese Herausforderungen, werden sie für die Transformation in eine nachhaltige Gesellschaft noch wichtiger, als sie es jetzt schon sind. Denn bereits heute bieten sie mit ihrem Geschäft einen grünen Hebel, der ökologische und soziale Innovationen erst möglich macht. Einen Hebel, der es jedem Kunden schon allein mit einem Girokonto ermöglicht, den Wandel zu beschleunigen. Einen Wandel, der nicht nur die Gesellschaft verändert, sondern auch die Banken auf ihren ursprünglichen Zweck fokussiert. Denn die Finanzwirtschaft muss sich wieder in den Dienst der Realwirtschaft stellen. Denn für eine soziale, ökologische und innovative Gesellschaft ist es unerlässlich, dass es sich lohnt, in Produkte und Dienstleistungen zu investieren, anstatt Geld mit Geld zu verdienen – und dies auch noch mit einem grünen Anstrich zu versehen.

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