Arbeit und Leben

Auszeit mit Sinn

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4 minuten

22 December 2015

Titelbild: Ebola treatment unit (ETU) run by Médecins Sans Frontières (MSF) by UNMEER (CC BY-ND 2.0)

Als Mediziner kann man sich im Sabbatical bei Ärzte ohne Grenzen engagieren

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22 December 2015
Den Job ruhen zu lassen und für eine gute Sache zu arbeiten, diese Chance bietet ein Sabbatical. So gelingt die befristete Auszeit, ohne die Karriere zu gefährden

Sabbatical: Zeit für sich – Zeit für andere

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungs-Instituts Forsa wünschen sich 57 Prozent der deutschen Arbeitnehmer ein Sabbatical. Eine Weltreise unternehmen, mehr Zeit mit der Familie verbringen, das Hobby in den Mittelpunkt stellen – was ein Arbeitnehmer dann macht, ist ihm selbst überlassen. Wer ein soziales Projekt unterstützen möchte, muss genau planen und früh damit loslegen. Vor allem ist wichtig, die Organisation zu prüfen, für die man arbeiten möchte. Es gibt zwar viele Agenturen, die Freiwillige an Projekte – vor allem ins Ausland – vermitteln. Doch deren Angebote seien oft unseriös, sagt Antje Monshausen, die als Tourismusexpertin von Brot für die Welt solche Vermittlungsagenturen untersucht. „Wenn sich Projekte wie Pauschalreisen buchen lassen und man nicht nach Vorerfahrungen oder Motivation gefragt wird, sollte man die Finger davon lassen.“ Seriöse Vermittlungsagenturen verlangen von potenziellen Helfern eine Bewerbung mit Lebenslauf, Motivationsschreiben und ein polizeiliches Führungszeugnis. Außerdem bereiten sie Bewerber umfassend auf den Einsatz vor.

Selbst passende Angebote finden

Zwar ist es mühsamer, den direkten Kontakt zu Hilfsprojekten herzustellen, aber es ist billiger: Agenturen fordern teils vierstellige Gebühren. Internetplattformen wie idealist.org oder der Stellenmarkt auf entwicklungsdienst.de sind kostenlose Alternativen für die Suche nach einem geeigneten Projekt. In vielen Fällen bekommen Helfer Kost und Logis umsonst sowie ein Taschengeld, manchmal müssen sie einen finanziellen Beitrag zum Projekt leisten. Wer sich in Deutschland engagieren möchte, hat es leichter. Viele gute Projekte sind während eines Freiwilligen Sozialen Jahrs möglich. Dafür gibt es einen Zuschuss bis zu 363 Euro monatlich, das Angebot richtet sich aber nur an Menschen bis 28 Jahre. Diese Altersgrenze gilt auch bei Weltwärts. Die Initiative vermittelt mit staatlicher Förderung Plätze in Entwicklungshilfeprojekten. Hier werden Helfer kranken- sowie unfallversichert und erhalten 100 Euro Taschengeld. Allerdings wird erwartet, dass man auch Spenden sammelt, etwa im privaten Kreis. Für alle Altersgruppen hat der Bundesfreiwilligendienst zahlreiche Stellen in seinem Portfolio, die mit bis zu 363 Euro im Monat bezuschusst werden. Ob und wie man während des Sabbaticals Geld verdienen darf, sollte mit dem Arbeitgeber besprochen werden.

Ein rechtlicher Anspruch besteht nicht

Der Gesetzgeber sieht kein Recht auf ein Sabbatical vor, es gilt also, den Chef zu überzeugen. Häufig aber hakt es an diesem Punkt: Nur jeder zweite Befragte gab in einer Studie des Berufsnetzwerks Xing an, dass er eine Auszeit nach seinen Vorstellungen machen durfte – also zum Beispiel mit der gewünschten Dauer. 14 Prozent wurde die Genehmigung für ein Sabbatical ganz versagt. Ein Anrecht aus juristischer Sicht kann sich allenfalls ergeben, wenn Kollegen schon eine Auszeit gewährt wurde. Dann darf sie aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht ohne triftigen Grund vorenthalten werden. Komfortabel ist die Lage dagegen für Beamte und Angestellte im Öffentlichen Dienst: Das Recht auf ein Sabbatical ist für sie im Gesetz festgelegt.

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Mit Fachwissen überzeugen

Ärzte ohne Grenzen, Ingenieure ohne Grenzen, Manager ohne Grenzen: Viele Berufsstände engagieren sich in Entwicklungsländern. Wer nach einem Projekt sucht, in dem er seine beruflichen Kompetenzen nutzen kann, ist bei solchen Organisationen richtig. Dort kennt man die Probleme in den Entwicklungsländern genau und weiß, wie der jeweilige Berufsstand helfen kann. Die Bedingungen für den Einsatz schwanken zwischen den Organisationen stark. Während Ärzte für ihren Einsatz entlohnt bekommen, muss eine Führungskraft bei einem Engagement für Manager ohne Grenzen einen Beitrag zum Projekt in Höhe von 3500 Euro leisten.

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So profitiert der Arbeitgeber

Vor einigen Jahren noch war der Widerstand von Unternehmern gegen ein Sabbatical groß. Warum sollten sie freiwillig lange auf ihre Fach- und Führungskräfte verzichten – selbst wenn diese in der Zeit kein Gehalt beziehen und ihre Erholung selbst finanzieren? Doch das ändert sich immer mehr. „Zahlreiche Unternehmen, für die Sabbaticals vor einigen Jahren noch nicht auf der personalpolitischen Agenda standen, bieten diese heute an“, sagt Katharina Heuer, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Personalführung. Einige Gründe: In Zeiten des Fachkräftemangels wollen sich Unternehmen bei künftigen Bewerbern als attraktive Arbeitgeber präsentieren. Sie zeigen so, dass sie verantwortungsvoll mit den Mitarbeitern umgehen. Auch auf die Produktivität kann sich das Sabbatical positiv auswirken – der Mitarbeiter kommt erholt und mit neuem Elan zurück. Außerdem sagt Heuer: „Mitarbeiter und Führungskräfte, die sich im Sabbatical in einem sozialen Projekt engagieren, verändern ihre Wahrnehmung und Toleranz und gewinnen an Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit.“

Finanzielle Risiken vermeiden

Von einem Sabbatical sollten schöne Erinnerungen bleiben – und keine Schulden. Es gilt also, rechtzeitig Geld zur Seite zu legen. Alternativ kann man mit dem Arbeitgeber ein Modell vereinbaren, bei dem weiterhin ein Gehalt gezahlt wird. Wer zum Beispiel drei Jahre lang Vollzeit arbeitet und auf ein Viertel des Gehalts verzichtet, hat ein Jahr lang Anspruch auf drei Viertel seines Lohns. Einsparmöglichkeiten gibt es zuhauf. Vieles braucht man während eines Sabbatical oft nicht: Lässt sich die Wohnung untervermieten? Braucht man einen Festnetzanschluss? Was ist mit Pay-TV oder Zeitschriften-Abos? Nicht sparen sollte man bei Versicherungen. Meistens wird für ein Sabbatical unbezahlter Urlaub genommen, Arbeitnehmer scheiden für diese Zeit dann aus der gesetzlichen Krankenversicherung aus und sollten sich freiwillig versichern. Wer nicht möchte, dass seine Rentenansprüche sinken, kann freiwillig weiter in die Rentenkasse zahlen.

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Formalitäten mit dem Chef klären

Fortschrittliche Unternehmen haben klare Regeln für einen befristeten Ausstieg ihrer Angestellten. Noch häufig muss aber ein skeptischer Vorgesetzter überzeugt werden, der vielleicht auch fürchtet, dass das Sabbatical zur Suche nach einem neuen Job genutzt wird. Deshalb ist es wichtig, die Gründe für den Wunsch nach einer Auszeit klar und offen zu kommunizieren. Hilfreich sind auch Vorschläge für Vorgesetzte, wie sich das eigene Fehlen im Betrieb ausgleichen lässt. Nur das letztes Mittel sollte das Angebot sein, bei Notfällen telefonisch oder per Mail erreichbar zu bleiben. Dann muss ganz klar definiert werden, wann und in welchen Fällen die Firma tatsächlich anrufen darf – sonst gerät das Sabbatical schnell zur unbezahlten Pseudo-Auszeit. Experten raten, mit dem Arbeitgeber eine schriftliche Sabbatical-Vereinbarung abzuschließen. Darin sollte auch geklärt sein, ob die Auszeit kurzfristig verschoben oder sogar abgesagt werden kann.

Karriereschub nach der Auszeit

Falls nichts Gegenteiliges in der Sabbatical-Vereinbarung steht, ändert sich am Arbeitsverhältnis und der Position im Unternehmen bei der Rückkehr nichts. Die konkreten Aufgaben seiner Angestellten kann der Arbeitgeber über sein Weisungsrecht aber jederzeit ändern – was manchmal auch passiert: Gerade wer sich während seines Sabbaticals sozial engagiert, qualifiziert sich für den Arbeitsplatz weiter. Der Software-Hersteller SAP etwa schickt seit fünf Jahren Mitarbeiter gezielt in soziale Projekte und profitiert von den Erfahrungen der Rückkehrer. „Wer in einem völlig neuen Umfeld mit einem Team, das er vorher nicht kannte, zusammenarbeitet, stärkt seine Führungsqualitäten“, sagt Alexandra van der Ploeg, die die Sabbaticals bei SAP koordiniert. Ein gut geplantes soziales Engagement kann die Karriere direkt beschleunigen – und ist ein Gewinn für alle Seiten.“

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