Zeit-Gedanken
Alles Altern ist steuerbar
2 minuten
25 September 2018
Von einem Biologen wollten wir wissen: Was macht die Zeit mit Organismen und warum lässt sie uns altern?
2 minuten
25 September 2018
Der Blick auf die Forschung macht klar: Es greift zu kurz, Zeit vor allem als persönliches Effizienzproblem zu betrachten und händeringend nach Wegen aus Time-Stress zu fragen. Zeit also, den Blick zu erweitern. Wir haben Wissenschaftler gefragt: Was beschäftigt Sie am Phänomen der Zeit? Herausgekommen ist kein How-to in besserer Zeiteinteilung, sondern ein Streifzug durch die Wissenschaft, voller Anregungen. Von einem Biologen wollten wir wissen: Was macht die Zeit mit Organismen und warum lässt sie uns altern?
Biologie
Max Plank Institut für Biologie des Alterns, Köln
Wohl nirgends zeigt sich das Vergehen von Zeit so schmerzhaft, so fundamental wie beim Altern. Martin Denzel ist Genetiker und erforscht die biologischen Grundlagen des Alterns: Was genau verändert sich in Organismen im Laufe der Zeit – und warum? Für den Biologen steht fest: „Zeit ist genetisch programmiert. Jeder Organismus durchläuft aufeinander aufbauende Entwicklungsstufen, die fest getaktet sind“ – von der Larve bis zum menschlichen Embryo. „Biologen denken nicht über die Zeit an sich nach, sondern untersuchen, wie sie sich in Organismen manifestiert“, so Denzel.
Biologische Zeit lässt sich dabei durchaus dehnen – zum Beispiel durch Mutation. So brauchen Fadenwürmer, die eine kleine genetischen Abweichung in ihrem Gencode tragen, 3,5 statt 2,5 Tage, um zu reifen. Fazit: „Die Richtung der Zeit – also die Abfolge der Entwicklungsschritte – ist zwar immer die gleiche, aber die Mutationen zeigen, dass sich chronologische Zeit von der biologischen durchaus entkoppeln lässt.“ Altern ist also grundsätzlich über Gene steuerbar. Diese Erkenntnis reicht noch nicht, um daraus ein schnelles Anti-Aging-Konzept für Menschen zu entwickeln. Denn an welchen Stellschrauben genau muss man drehen? Denzel: „Wir müssen wir noch viel mehr über die Mechanismen des Alterns lernen.“
Wieso etwa kann der Nacktmull der Faustregel „je kleiner ein Organismus, desto kürzer lebt er“ trotzen? Der Nacktmull ist so groß wie eine Maus (3 Jahre Lebenserwartung), wird bis zu 35 Jahre alt und dabei sogar von Jahr zu Jahr fruchtbarer. Die jungen Weibchen bekommen drei bis vier Kinder, mit 20 bringen sie oft neun auf die Welt. Denzel: „Biologen versuchen derzeit zu verstehen, was in der Biochemie von Nacktmullzellen und anderen langlebigen Organismen wie den Fadenwürmern im Laufe der Zeit passiert, damit sich die Alterungsprozesse so stark verlangsamen.“