Stressreduktion

Habt mal wieder altmodische Hobbys

Lesezeit:
4 minuten

13 March 2018

Titelbild: Alice Achterhof and RhondaK Native Florida Folk Artist / Unsplash

Malen und andere kreative Hobbys sind gute Freizeitbeschäftigungen

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4 minuten

13 March 2018
Warum haben eigentlich so wenige Menschen Hobbys? Und warum müssen alle, die welche haben, gleich zum Bouldern oder Capoeira? Ein Plädoyer für die guten alten Hobbys: Basteln, Spazieren und Co.

Früher war das ganz einfach: Wenn man den Steckbrief in den Freundebüchern von Klassenkameraden ausgefüllt hat, ist einem gleich eine ganze Liste an Dingen eingefallen, die man in die Hobbys-Spalte eintragen konnte. Schwimmen, Voltigieren, Malen, Musik hören, Rausgehen, Backen, Harry Potter, mit Freunden treffen. Meistens hat der Platz nicht einmal für alle Hobbys ausgereicht und man musste in die „Lieblingsfächer“-Spalte ausweichen. Was man in der Freizeit gerne gemacht hat, hat einen Großteil davon ausgemacht, wie man sich als Kind als Person definiert hat.

„Und, was hast Du so für Hobbys?“

Heute – viele Jahre und ein paar Jobs später – sind die meisten erst einmal sprachlos und verwirrt, wenn sie diese Frage gestellt bekommen. Okay, man geht geht alle zwei Wochen zum Yoga oder Bouldern oder lernt nebenbei Arabisch. Aber sind das wirklich Hobbys oder zählt das zu Aufgaben der Selbstoptimierung? Was ist mit den ganzen Leidenschaften passiert, die man früher wie aus der Pistole geschossen aufsagen konnte? Nur noch wenige erwachsene Menschen definieren sich als erstes über ihre Leidenschaften – wichtiger ist den meisten, was sie beruflich machen, wo sie wohnen oder die politische Einstellung.

Neben Studium und Beruf bleibt Erwachsenen nicht viel Platz für Freizeit. Wer nach einem Acht-Stunden-Tag nach Hause kommt, schafft es meistens gerade noch, ein paar Folgen einer Serie auf Netflix zu schauen. Am Wochenende stehen Veranstaltungen wie Geburtstage oder Einkäufe und eine Putz-Session an. Und wenn dann doch einmal so ein Sonntag kommt, an dem man nach dem Frühstück am Tisch sitzt und sich fragt: „Was mache ich jetzt mit dem Rest vom Tag?” – dann überlegt man erst einmal, was eigentlich noch alles auf der To-Do-Liste steht. Fahrrad reparieren, mit der Oma telefonieren oder endlich diesen einen langen Artikel über die politische Situation in Myanmar lesen.

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Hobbys machen glücklich

Dabei sind Hobbys gut für uns – und das ist keine neue Erkenntnis. Der Zusammenhang zwischen vielen Freizeitaktivitäten und mehr Lebenszufriedenheit wurde sogar in Studien mit mehr als 11.000 Teilnehmern wissenschaftlich nachgewiesen. Freizeitbeschäftigungen, die einem Spaß bringen, sind ein guter Ausgleich zum Arbeitsleben.

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Einer Studie von Yoshitaka Iwasaki von der University of Alberta zufolge hilft viel Aktivität in der Freizeit, Stress zu reduzieren und die Konzentrationsfähigkeit zu steigern. So kann es also durchaus besser für sein, am Sonntag einen langen Spaziergang zu machen oder ein Brettspiel zu spielen, als sich einfach von der Woche zu erholen. Wer also nach einer harten Woche denkt, er bräuchte einfach 20.000 Stunden Schlaf und eine entspannte Serie, sollte stattdessen vielleicht einmal ausprobieren, ein Bild zu malen oder sich mit Freunden im Park zu treffen: Denn die Abwechslung baut Stress ab. Vor allem kreative Beschäftigungen wie Malen oder Kochen helfen laut einer Neuseeländischen Studie, die Stimmung und das allgemeine Wohlbefinden anzuheben.

Feind Freizeitstress

Eine Hürde, vor der viele Menschen bei ihren Hobbys stehen, ist die hohe Erwartungshaltung an sich selbst. Denn mit den meisten Freizeitbeschäftigungen verfolgen Menschen bestimmte Ziele: Fit zu werden mit Sport, sich zu bilden mit einer neuen Sprache oder aber eine neue Fähigkeit zu erlernen.

Dann kann die Yoga-Flatrate schnell belastend werden, wenn man es einfach nicht oft genug hin schafft, aber jeden Monat fleißig weiter zahlt. Und der Neujahrsvorsatz, Gitarre spielen zu lernen, führt zu Enttäuschung, wenn man sich nach zwei Monaten immer noch keinen Riff merken kann. Wenn man das Training ausfallen lässt, weil man sich lieber mit Freunden verabredet, hat man ein schlechtes Gewissen. Sind Hobbys also nur etwas für Menschen mit viel Freizeit? Nein.

Back to the Roots

Leistungsbezogene Hobbys sind eine tolle Sache – aber wenn man sich davon überfordert fühlt, wünscht man sich schnell ein entspannteres Hobby. Aber was ist das – ein entspanntes Hobby?

Auf der Suche nach Selbstoptimierung und der idealen Freizeitgestaltung stößt man oft auf die ausgefallensten Beschäftigungen. Dabei muss das Hobby nicht immer Stand-Up-Paddling oder Kalligrafie sein. Tatsächlich ist die beliebteste Freizeitbeschäftigung der Deutschen das Gärtnern. Laut einer Umfrage von Statista gaben 2017 über 30 Prozent der Deutschen das Arbeiten im Garten als eines ihrer Hobbys an. Und auch ganze 11 Prozent der Deutschen zählen kleine Reparaturarbeiten zu ihren Hobbys. Das ist doch eine schöne Vorstellung: Der Wasserhahn leckt mal wieder und mehr als ein Zehntel der Menschen in unserem Land sagt sich nicht: „Mist, schon wieder etwas auf der endlosen To-Do-Liste” sondern „Toll, das bringt Spaß!”.

Warum also nicht einfach mal (wieder) ganz solide Freizeitbeschäftigungen zu seinen Hobbys zählen – ein bisschen so wie damals in der Kindheit, als „Rausgehen“ noch ein legitimes Hobby war? Die Hobbys mögen gegenüber den exotischen Aktivitäten der Freunde vielleicht langweilig erscheinen – sind aber vor allem sehr entspannend und ausgleichend.

Das sind „langweilige“ Hobbys, die eigentlich jeder mag

Rausgehen

Dafür muss man fast gar nichts tun – einfach nur das Haus verlassen. Bei schönem Wetter, aber auch bei Regen ist das „ein bisschen Luft schnappen“ wirklich die beste Medizin gegen die Lasten des Alltags. Dafür kann man einen Ausflug in die Ferne planen und tagelang (am besten im Wald) wandern – oder aber eben für eine halbe Stunde um den Block schlendern. Langweilig wird das auf keinen Fall. Was ein Wunder, was man direkt um die Ecke alles entdecken kann, wenn man nicht gerade irgendwo hin eilt.

Basteln

Basteln. Allein bei dem Wort bekommen viele gerade wahrscheinlich schon einen belächelnden Gesichtsausdruck. Das liegt daran, dass das kreative Werkeln meist mit Kastanienmännchen basteln in der Kindheit assoziiert wird. Dabei kann es viel mehr sein – Künstler machen schließlich auch nichts anderes. Kollagen zusammenschneiden, mit Ölfarben malen, Stricken oder Töpfern: Egal, wie das Ergebnis am Ende aussieht – diese Beschäftigungen sind unglaublich meditativ und gleichzeitig inspirierend.

Kochen

Wer Kochen zu seinen Hobbys zählt, verwandelt das Notwendige in eine tolle Freizeitbeschäftigung. Inspiration für einfache bis ausgefallene Rezepte gibt es im Netz genug – aber auch das Zubereiten von Omas altem Geheimrezept für Hühnerfrikassee kann unglaublich Spaß bringen. Das Beste daran: Man hat nicht nur beim Kochen, sondern auch mit dem Ergebnis so richtig viel Freude. Aufhören tut die Entspannung beim Kochen, wenn man danach erst einmal das perfekte Foto für Social Media schießen muss, während das Essen kalt wird.

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Gärtnern

Egal, ob Balkon, Garten mit Karpfenteich und englischen Rosengarten oder nur Blumentöpfe auf dem Fensterbrett in der Wohnung: Gärtnern zählt nicht umsonst zu den beliebtesten Hobbys der Deutschen. Mit den eigenen Händen direkt mit der Natur verbunden zu sein, erdet einen im wahrsten Sinne des Wortes. Und spätestens wenn dann im Frühling und Sommer der Lohn der Arbeit blüht, stellt sich eine unglaubliche Befriedigung ein.

Gucken

Was? Ja, Gucken. Die Welt beobachten – fast nichts ist so spannend und entspannend gleichzeitig. Man kennt die älteren Damen, die den ganzen Tag von ihrer Wohnung aus auf die Straße starren: eigentlich machen sie alles richtig. Wem sofort langweilig wird, sobald man in der Bahn mal wieder nur Edge hat, der sollte mal aus dem Fenster schauen. Okay, vielleicht kann man Gucken an sich nicht wirklich als „Hobby“ bezeichnen. Aber wer es als Freizeitbeschäftigung einführen will, setzt sich zwischendurch mit einem Kaffee in die Sonne und schaut den Anderen bei ihrer Hektik zu.

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