Bilanzgespräch
„Ich will zur EU gehören!“
2 minuten
14 January 2019
Katherine Magowan kommt aus Nordirland. Sie studiert im britischen Bristol Ingenieurswissenschaften
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14 January 2019
Katherine, im Juli hat die EU-Kommission 15.000 Interrail-Tickets unter 18-Jährigen aus den 28 Mitgliedstaaten verlost. Du kommst aus Nordirland, das zu Großbritannien gehört, und hast gemeinsam mit drei Freundinnen ein Gruppenticket gewonnen.
Mein Vater hatte mir von der Verlosung erzählt, und wir vier haben spontan beschlossen, uns zu bewerben. Wir hätten nie gedacht, dass wir gewinnen. Aber dann kam diese Mail, später die Tickets mit der Post – inklusive einer Europakarte. Wir haben sofort mit der Planung begonnen. Und sind dann über Berlin nach Tschechien, Ungarn und Slowenien gefahren.
Warum habt Ihr Euch für diese Tour entschieden?
Wir wollten Länder sehen, die wir gar nicht kannten. Von Slowenien wusste ich nicht mehr, als dass es dieses Land gibt. Und dann kam ich da hin und es wurde mein Lieblingsort – schön wie eine Postkarte! Wenn ich das Ticket nicht gewonnen hätte, wäre ich vermutlich nie am Bleder See gelandet.
Hat Dir die Reise ein anderes Gefühl für Europa gegeben?
Nun ja, die Briten verlassen die EU – und meine Heimat Nordirland gehört zu Großbritannien, zudem studiere ich in England. Der Brexit trifft mich also sehr persönlich, obwohl noch über einen Verbleib Nordirlands in der EU diskutiert wird. Die Reise hat mir noch klarer gemacht: Ich will weiter zur EU gehören. Oft habe ich unterwegs gedacht: Diese Vielfalt, die unterschiedlichen Länder, Menschen und Landschaften sind so großartig! Die EU zu verlassen fühlt sich wie ein schwerer Verlust an.
Hast Du das Gefühl, dass Europa seinen jungen Leuten etwas bedeutet?
Vor dem Brexit habe ich nicht viel darüber nachgedacht. Jetzt ist mir viel bewusster, was für ein gutes Gefühl uns dieses Netzwerk gegeben hat, auf das wir uns verlassen konnten. Dass wir auf der Reise Menschen getroffen haben, die ganz anders leben und denken, aber trotzdem zusammengehören, hat uns viel gegeben.
Kümmert sich die EU um die Jungen?
Ich habe mich nie vernachlässigt gefühlt. Andererseits ist dieses geschenkte Ticket der erste richtig greifbare Vorteil, den die EU mir gegeben hat. Um auszudrücken, dass Brüssel uns im Blick hat, ist diese Aktion eine tolle Möglichkeit.
Kritiker sagen, das Ticket sei nur ein kleiner Teil der Reisekosten – leisten könnten sich die Reise dann trotzdem viele nicht.
Man kann das Ganze sehr günstig halten, wirklich. Wir haben zum Beispiel nie auswärts gegessen, sondern im Supermarkt eingekauft und im Hostel gekocht. Überall gab es ein großes Angebot an Hostels, in denen man wirklich günstig schlafen kann.
Das Projekt wird ausgebaut, 2019 sollen es schon 30.000 Tickets sein. Wenn es nach den Berliner Initiatoren von Free-Interrail geht, bekommt irgendwann jeder EU-Bürger einen Gutschein zum 18. Geburtstag. Glaubst Du, das schafft mehr Verständnis und Zusammenhalt?
Ich glaube schon. Interrail ist eine wunderbare Form des Reisens. Viel besser, als nur an einen Ort zu fliegen und sich da im Hotel zu isolieren. Wir haben immer jede Menge andere junge Europäer auf Reisen getroffen.
Was war das Beste, das Du unterwegs erlebt hast?
Als Nordirin hat mich das grenzenlose Europa sehr beeindruckt. Ich bin ja mit harten Grenzen aufgewachsen, Irland ist ein geteiltes Land. Und auch in Nordirland selbst gibt es immense soziale Barrieren, vor allem zwischen Katholiken und Protestanten. Deshalb war es für mich absolut faszinierend, in den Zug zu steigen, überall aussteigen zu dürfen und mit jedem sprechen zu können.