Reporter ohne Grenzen macht Druck

Weltweiter Kampf für die Pressefreiheit

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3 minuten

24 February 2020
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Titelbild: Reporter ohne Grenzen;
Foto unten: Gesellschaft für Freiheitsrechte

Anlässlich der Fußball-WM 2018 in Russland prangerte Reporter ohne Grenzen die Lage der Pressefreiheit im Land an

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24 February 2020
Die Arbeitsbedingungen für Medien werden in vielen Ländern der Welt immer schwieriger. Reporter ohne Grenzen kämpft unermüdlich gegen Zensur und hilft bedrohten und inhaftierten Journalisten ganz konkret

Mindestens 51 Journalistinnen und Journalisten sind nach Zählung von Reporter ohne Grenzen im vergangenen Jahr weltweit in Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet worden – so wenige wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Das klingt zunächst nach einer guten Nachricht, doch insgesamt hat sich die Lage der Pressefreiheit keineswegs verbessert: Zurückgegangen ist die Zahl der Getöteten vor allem in Krisenländern wie Syrien, Jemen und Afghanistan, die Zahl der Journalistenmorde etwa in Lateinamerika verharrt aber auf hohem Niveau. Zum Stichtag 1. Dezember 2019 saßen zudem 389 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis, 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Und medienfeindliche Hetze und Angriffe, online wie offline, erschweren Journalistinnen und Journalisten auch in vermeintlich sicheren Weltregionen zunehmend die Arbeit.

Fast die Hälfte der Inhaftierten saß in nur drei Ländern im Gefängnis: China, Ägypten und Saudi-Arabien. Allein in China waren es 120 Inhaftierte, doppelt so viele wie im Vorjahr. Vor allem gegen uigurische Medienschaffende ging Peking 2019 unerbittlich vor.

Medienschaffende global gefährdet

Die meisten Medienschaffenden wurden 2019 in Syrien und Mexiko (je 10), Afghanistan, Pakistan (je 5), Somalia und den Philippinen (je 3) getötet. Etwa 40 Prozent kamen in Ländern mit bewaffneten Konflikten ums Leben, etwa 60 in Ländern, in denen formell Frieden herrscht. In Lateinamerika wurden 14 Journalistinnen und Journalisten getötet, so viele wie in Syrien, Jemen und Irak zusammen. Der Rückgang in den Krisenregionen lässt sich unter anderem damit erklären, dass viele Medienschaffende ins Exil geflüchtet sind oder aus Sicherheitsgründen ihren Beruf aufgegeben haben und dass weniger Auslandsreporterinnen und -reporter vor Ort sind. Darunter leidet die unabhängige Berichterstattung aus den Regionen deutlich.

Zwar ist Europa noch immer die Weltregion, in der Medienschaffende am freiesten und sichersten arbeiten können. Doch auch hier wird eine zunehmende Zahl von ihnen tätlich angegriffen, mangelt es Behörden am Willen, solche Verbrechen aufzuklären. Dazu kommen gezielte Diffamierungen und aggressive, teils hetzerische Kampagnen populistischer Politikerinnen und Politiker gegen Medien und einzelne Journalistinnen und Journalisten.

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All diese negativen Entwicklungen lassen schnell vergessen, dass es auch immer wieder positive Ereignisse gibt. An vielen von ihnen hat das Engagement von Reporter ohne Grenzen einen Anteil.

So wurde der Fotojournalist Mahmud Abu Seid, Künstlername Shawkan, im März 2019 nach mehr als fünfeinhalb Jahren Haft endlich freigelassen. Er war 2013 bei Protesten in Kairo festgenommen worden. Reporter ohne Grenzen setzte sich seitdem unermüdlich für ihn ein; auf politischer Ebene wie auch mit öffentlichen Aktionen. Heute macht sich Reporter ohne Grenzen dafür stark, dass die unmenschliche Auflage, für weitere fünf Jahre jede Nacht zwölf Stunden auf einem Polizeirevier zu verbringen, aufgehoben wird.

Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, gibt Interviews vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das Gericht verhandelte im Januar 2020 über eine Verfassungsbeschwerde unter anderem von Reporter ohne Grenzen gegen den unzureichenden Grundrechtsschutz im BND-Gesetz

Reporter ohne Grenzen macht unermüdlich Druck

2019 kam endlich Bewegung in zwei Mordfälle, die in ganz Europa Entsetzen hervorgerufen hatten: Die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia wurde im Oktober 2017 mit einer Autobombe getötet, der slowakische Journalist Ján Kuciak wurde im Februar 2018 erschossen. Beide hatten zu Korruption in den politischen und wirtschaftlichen Eliten ihrer Länder recherchiert. Der Mord in der Slowakei hatte schnell politische Konsequenzen. So trat nach Protesten von Menschenrechtsorganisationen wie Reporter ohne Grenzen sowie Massendemonstrationen im Land bereits im März 2018 Premier Fico zurück. Gegen die mutmaßlichen Täter und Auftraggeber wurde aber erst Ende 2019 Anklage erhoben, im Januar 2020 begann der Prozess. Die Ermittlungen in Malta waren zwei Jahre lang vor allem von Versäumnissen und Ungereimtheiten geprägt, und obwohl es schon früh Anzeichen gab, dass höchste Regierungskreise in den Fall verwickelt waren, gab es keine Rücktritte. Erst ab Dezember 2019, nach zwei Jahren öffentlichen Drucks, den auch Reporter ohne Grenzen auf allen Ebenen stets aufrechterhielt, wurden Tatverdächtige festgenommen und traten Regierungsmitglieder zurück, inklusive Premier Muscat.

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In beiden Fällen gibt es Grund zur Hoffnung, dass die Verantwortlichen für die Morde zur Rechenschaft gezogen werden. Leider ist das eine Ausnahme: Weltweit bleibt eine überwältigende Mehrheit der Journalistenmorde ungestraft.

Immer wieder hilft Reporter ohne Grenzen Medienschaffenden, denen es aus Sicherheitsgründen nicht möglich ist, in ihrem Land zu bleiben, ein sicheres Aufnahmeland zu finden und dort Fuß zu fassen. Ein besonderer Erfolg war in dieser Hinsicht, dass Reporter ohne Grenzen 2019 in enger Abstimmung mit den Regierungen von Deutschland, Frankreich und Spanien erreichte, dass 30 besonders gefährdete Journalistinnen und Journalisten aus Syrien sowie ihre Familien in diesen Ländern aufgenommen wurden. Die Aktion war ein einmaliger Erfolg für Reporter ohne Grenzen, der zeigte, was mit politischem Willen möglich ist, und Hoffnung macht für künftige Rettungsaktionen.

Reporter ohne Grenzen e.V.

Recherchieren, Anklagen, Unterstützen — Reporter ohne Grenzen dokumentiert Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit weltweit und alarmiert die Öffentlichkeit, wenn Journalist*innen und deren Mitarbeiter*innen in Gefahr sind.

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