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Nils Pickert , Patrick Trapp
Pro & Contra
Sexistische Werbung: Should sex sell?
Lesezeit:
2 minuten
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22 June 2016
Titelbild: Dominik Francis / Unsplash
Werbung hat das Recht, schlecht oder sogar anstößig zu sein. Sie sollte aber nicht das Recht haben, diskriminierend zu sein
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22 June 2016
Halbnackte Frauen, die für Proteinshakes werben, wird es im Londoner Nahverkehr nicht mehr geben. Dort wurde sexualisierte Werbung im Juni 2016 verboten. Auch in Deutschland wird über ein Verbot diskutiert. Muss die Werbung aber nicht – genauso wie die Presse – frei sein? Ein Pro und Contra von Nils Pickert, Chefredakteur der Initiative Pinkstinks, und Patrick Tapp, Präsident des Deutschen Dialogmarketing Verbands
Patrick Tapp: Werbeverbote verletzen das Prinzip der freien Marktwirtschaft
Der DDV lehnt jede Form der Verbraucherbevormundung strikt ab. Eine Forsa-Befragung im Auftrag des Zentralverbands der Deutschen Werbewirtschaft kam jüngst zu dem Ergebnis: Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland sieht ihre Interessen als Verbraucher gut geschützt, ist werbeaffin und informiert sich vor größeren Anschaffungen gründlich. Staatliche Regulierung darf nicht auf Kosten der Freiheit des Verbrauchers geschehen. Wir haben ordnungspolitisch höchste Bedenken, wenn die Entscheidungsfreiheit droht, durch die Vorzensur der entmündigenden staatlichen und vermeintlichen Fürsorge ersetzt zu werden.
Der Gesetzgeber ist aufgerufen Rahmenbedingungen zu schaffen, aber der politische Sendungsauftrag überschreitet jeweils dort seine Grenzen, wo er im Detail rein subjektive Meinungen und Ansichten per Gesetz in den Märkten festschreiben will. Deshalb wehren uns entschieden dagegen, dass Deutschland ein Überwachungsstaat wird, der den Verbrauchern das Recht auf freie Meinungsbildung und freie Entscheidung einschränken möchte. Sexistische Werbung ist dumme und schlechte Werbung und verfehlt intellektuell und professionell ihr Ziel, das ist aber nicht die Aufgabe des Justizministeriums, dies zu korrigieren, dazu gibt es vorbildlich den Deutschen Werberat als selbstregulierende Institution der Werbewirtschaft.
Nils Pickert: Warum ein Verbot sexistischer Werbung Sinn ergibt
Für Tierfutter wirbt eine Frau im Bikini mit dem Slogan „Für Pussy und Bello“. Und im Moment sieht man überall Werbung für ein Handy, dessen Preis ohne jeden Zusammenhang auf dem Rücken eines weiblichen Models geschrieben steht. Das sind zwei aktuelle Beispiele für sexistische Werbung, die Pinkstinks mit einer entsprechenden Gesetzesnorm verbieten lassen möchte. Nicht die Frau im Bikini. Und auch keine nackten Rücken. Sexismus bezeichnet eine auf das Geschlecht bezogene Diskriminierung und keine Aufforderung zur Nacktheitsprohibition oder Prüderie. Dabei geht es nicht um Geschmacksfragen.
Werbung hat das Recht, schlecht oder sogar anstößig zu sein. Sie sollte aber nicht das Recht haben, diskriminierend zu sein. Wenn mit einer Frau für eine Waschmaschine geworben wird, kann man das altbacken finden. Wenn aber eine Waschmaschine als Muttertagsgeschenk mit dem Slogan „Weil nur Mütter waschen können“ angepriesen wird, ist das diskriminierend – ganz ohne Nacktheit.
Mit dem Verbot für einen durch Fallbeispiele genau definierten Sexismus in der Werbung wird Sexismus als freie Meinung nicht untersagt. Es stellt lediglich einen kleinen, aber wichtigen Schritt zur Regulierung in einem Bereich dar, in dem auch andere Regeln bereits Anwendung finden. Wirtschaftswerbung soll Kaufverhalten beeinflussen. Genau deshalb ist es möglich und nötig, dafür einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Ein Rahmen, in dem es verboten wäre zu behaupten, dass Rauchen gesund sei oder Frauen an den Herd gehörten und stets sexuell verfügbar seien. Mit der ersten Behauptung darf man Sie inzwischen nicht mehr täuschen. Mit der zweiten schon. Noch.