Sexismus in der Werbung

Sexistische Werbung: Möpse, Möpse, Möpse

Lesezeit:
2 minuten

6 September 2017

Titelbild: Nina Eggemann

Fred Grimm erklärt, warum er keine Brüste mehr sehen kann

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2 minuten

6 September 2017
Werbung hat eigentlich keinen Einfluss, behaupten ihre Macher. Vor allem, wenn es um frauenfeindliche Kampagnen geht. Fred Grimm kotzt trotzdem. Eine Kolumne

Es gibt Menschen, denen die „Tagesschau“ jeden Abend auf den Magen schlägt. Mir wird schon vorher schlecht. Denn seit Jahren läuft Punkt 19:59 Uhr immer wieder einer der nervigsten Werbefilme, die es in der jüngeren Vergangenheit ins deutsche Fernsehen geschafft haben.

Sie kennen den Spot: Frau sitzt im Auto, zieht ihre Lippen nach. Auto hält an. Frau steigt aus, stöckelt eine Treppe hoch. Ein Mops hechelt ihr hinterher. Frau klingelt, Mann macht auf, Frau lächelt, sagt „Hi!“, öffnet den Mantel und gibt den Blick auf mühsam gebändigte Bikinibrüste frei. Mann, grinst, sagt „Wow!“, bittet herein und …Gong! „Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau.“

Man sieht sie vor sich, die „Kreativrunde“, die sich das Filmchen mit dem Escort-Touch ausgedacht haben mag: lauter Männer – bis auf die eine Frau, die mitschreiben muss. Beinahe hört man sie auch, wie sie über Bikinifiguren „brainstormen“, um die Diätpampe „Almased“ zu bewerben, und dabei an nichts anderes denken können als an eine vollbusige Frau, die für einen Mann den Mantel öffnet. Traumfiguren eben. Bis einem der „geniale“ Einfall kommt: „Wir nehmen noch einen Mops mit rein!“ Mops, Möpse, jaja, DAS ist gut, hahaha.

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Werbung ohne Wirkung?

Es ist ja nur ein Spot. Es ist immer „nur ein Spot“, „nur ein“ Plakat, „nur eine“ Kampagne. Diese „Pulmoll“-Werbung mit dem Frauenmund („Welcher Lutschtyp bist du?“) – einfach nur witzig gemeint. Genauso wie das Plakat mit der halbnackten Frau, die ihren Kopf in die Waschmaschine steckt („Haushaltsgeräte defekt? Wir helfen weiter!“). Dann noch das Teenager-Mädchen, das in Unterwäsche für ein Fitnessstudio posiert („Mit der Figur brauche ich kein Abitur“). Oder die U-Bahnwerbung für eine Kamera („Fast so schön wie Ihre Frau, aber mit Ausknopf“). Oder die Hotelkette, die mit einer Großaufnahme eines Frauenunterleibs wirbt. Auf dem Slip steht „24 h open“. Oderoderoder.

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Ich könnte seitenlang so weitermachen. Werbung wirkt. Jedenfalls bei mir. Ich verdrücke eine Träne, sobald der wunderbare Hornbach-Spot läuft, in dem ein Vater für seine traurige Gothic-Tochter das ganze Haus schwarz anstreicht. Aber leicht zu haben bin ich nicht. Wenn ich etwa das Edeka-Weihnachtsfilmchen sehe, in dem ein älterer Herr die Familie mit einer gefakten Todesanzeige zum Festessen zwingt, frage ich mich, ob die nicht gute Gründe dafür hatten, den manipulativen Lügenopa zu meiden. Und weine kein bisschen.

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Ihr Einfluss auf das öffentliche Bewusstsein sei eher gering, behaupten Werbemanager, sobald man sie auf frauenfeindliche Kampagnen anspricht. Ein Problem mit Sexismus gibt es nicht, erklärte etwa Stefan Kolle, Chef der Agentur Kolle Rebbe, in einem „Spiegel“-Interview. Und überhaupt, Werbung – „eigentlich interessiert sich niemand für sie“. Ein eigenwilliger Standpunkt für jemanden, der immerhin erstaunliche Honorare für eine Arbeit aufruft, die „niemanden interessiert“.

Dabei signalisiert jedes frauenfeindliche Werbebild seine Macht allein dadurch, dass es überhaupt existiert. Denn jeder entgegengestreckte Frauenpo, jeder vorfreudig geöffnete Mund, jedes griffbereite Dekolleté erzählt auch davon, welche Vorstellungen von Frauen und ihren Körpern die Deutungshoheit in unserem Land bestimmen. Und wer sie durchsetzen kann.

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